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Shannon D. Beebe / Mary Kaldor

Unsere beste Waffe ist keine Waffe. Konfliktlösungen für das 21. Jahrhundert. Aus dem Amerikanischen von Michael Müller

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2012; 251 S.; geb., 24,95 €; ISBN 978-3-518-42336-3
Shannon D. Beebe (2011 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen) und Mary Kaldor kannten beziehungsweise kennen den internationalen Politikbetrieb aus eigener Anschauung durch ihre Mitgliedschaft beim US‑Militär und durch ihre Tätigkeit bei verschiedenen internationalen Organisationen. Basierend auf diesem reichen Erfahrungsschatz und mitunter im Stile einer packenden Reportage geschrieben entwerfen sie ihr Konzept einer umfassenden menschlichen Sicherheit. Dieses Konzept wendet sich gegen eine klassische, militärisch gedachte Sicherheit, die Beebe und Kaldor als zu eng gefasst kritisieren. Konflikte – die im 21. Jahrhundert häufig innerstaatliche, asymmetrische Konflikte sind – ließen sich nur dann adäquat eindämmen und auch lösen, wenn es gelinge, einen breiten, auf die von den jeweiligen Konflikten betroffenen Menschen zugeschnittenen Ansatz zu etablieren: „Die Perspektive der Menschlichen Sicherheit zielt in erster Linie darauf ab, Gewalttaten durch Maßnahmen gegen ihre Ursachen zu verhindern.“ (20) Konkret getragen wird das Konzept von sechs Prinzipien, die eine Intervention in Krisen‑ und Konfliktgebieten praktisch anleiten können. Neben dem strikten Respekt für die Geltung der Menschenrechte gilt es, eine auf regionale Maßstäbe zugeschnittene und von den dort lebenden Menschen als leistungsfähig und legitim akzeptierte Verwaltungs‑ und Infrastruktur aufzubauen. Zudem müssen lokal arbeitende NGOs besser als bisher in die Bemühungen zur Konfliktbeilegung und ‑nachbereitung eingebunden werden. Die Stärke des Buches besteht zweifelsohne darin, dass es den Autoren gelingt, das Konzept der „Menschlichen Sicherheit“ und die es tragenden Prinzipien in den Kontext konkreter Konflikte zu stellen – etwa die Kriege in Jugoslawien und in der Demokratischen Republik Kongo oder die Interventionen in Afghanistan oder Irak, um nur einige zu nennen. So gelingt es ihnen, nicht nur sehr anschaulich für ihr Konzept zu werben, sondern auch bisherige Interventionen in Kriege und Bürgerkriege sowie den sogenannten Krieg gegen den Terrorismus kritisch in den Blick zu nehmen. „Das ehrgeizige Ziel Menschlicher Sicherheit“, so heißt es gegen Ende des Buches angesichts der vielfältigen Gefahren des 21. Jahrhunderts, „besteht darin, die Bedingungen für eine nachhaltige Entwicklung zu schaffen, die der ganzen Gesellschaft nützt“ (233). Menschliche Sicherheit als pazifistisches Geschwätz abzutun, wäre dementsprechend vollkommen verfehlt – im Gegenteil: Dem Buch und seiner Idee einer Welt letztlich ohne Waffen sind viele Leser zu wünschen.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.41 | 2.63 | 2.67 | 2.68 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Shannon D. Beebe / Mary Kaldor: Unsere beste Waffe ist keine Waffe. Frankfurt a. M.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36191-unsere-beste-waffe-ist-keine-waffe_43144, veröffentlicht am 19.09.2013. Buch-Nr.: 43144 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken