Die Herausgeber ergänzen mit diesem Band die 2009 erschienene Studie „Die Praxis der Wiedergutmachung“ (siehe Buch‑Nr. 36925). An diese wird chronologisch angeknüpft, sodass die Beiträge Entwicklungen und Probleme bei der Geltendmachung von Wiedergutmachungsforderungen nach 1990 zeigen. Ziel ist es, „die gegenwärtige Praxis besser zu verstehen“ (33). Fünf Einzelfallstudien sind daher der transnationalen Wiedergutmachung in einer globalisierten Welt gewidmet. Als Meilensteine der Historie werden die Sammelklagen gegen deutsche Wirtschaftsunternehmen und die sogenannten Holocaustkonferenzen identifiziert. Benno Nietzel hält fest, dass sich diese am „Übergang von der Restitution zur Erinnerung“ (174) verorten lassen und somit eine neue Epoche der Wiedergutmachung einleiten. Im Gegensatz zu den erfolgreich eingeklagten Forderungen stehen die der sudetendeutschen Verbände, die Iris Nachum in ihrem aufschlussreichen Beitrag analysiert. Sie beleuchtet, warum diese Verbände trotz ähnlicher Strategien wie die jüdischen Organisationen bei der Geltendmachung ihrer Forderungen erfolglos blieben. Mit dieser Thematisierung wird der Eindruck verhindert, es handele sich bei der Wiedergutmachung grundsätzlich um eine reine Erfolgsgeschichte. Ergänzt werden die wissenschaftlichen Untersuchungen durch ein „philosophisches Gespräch“. In diesem, 2010 in Berlin aufgezeichnet, wird der Zusammenhang von moralischer Schuld und den rechtlichen Verpflichtungen, die dem nationalsozialistischen Unrecht entspringen, erörtert. Im Kern geht es dabei immer wieder um die Frage, welche Schuld und Verantwortung die heutige Generation für die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes trägt. Insgesamt gibt der Band somit einen vertiefenden Einblick in die historische Entwicklung und zeigt nationale und internationale Faktoren, die den Erfolg von Wiedergutmachungsforderungen bedingen können.