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Michael Hartmann

Soziale Ungleichheit – Kein Thema für die Eliten?

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2013; 250 S.; kart., 19,90 €; ISBN 978-3-593-39948-5
Die Kluft zwischen den Einkommen der Spitzenmanager und den Gehältern der in denselben Unternehmen beschäftigten Arbeitern und Angestellten hat sich in den vergangenen 20 Jahren kontinuierlich vergrößert. Die Zahl der großen Vermögen ist rapide angestiegen, gleichzeitig hat die Armutsquote zugenommen und die Schere der Einkommensungleichverteilung hat sich innerhalb der EU nur in Rumänien und Bulgarien noch stärker geöffnet als in der Bundesrepublik. Zwei politische Maßnahmen der letzten Jahre, so eröffnet die Studie des Sozialwissenschaftlers Michael Hartmann, haben dazu maßgeblich beigetragen: Die sogenannten Hartz‑Reformen und die Reduzierung der steuerlichen Belastung für hohe Einkommen sowie für Unternehmen. Hartmann interessieren vor diesem Hintergrund die Fragen: Wie beurteilt die gesellschaftliche Elite – aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Medien usw. – in Deutschland im Vergleich zur übrigen Bevölkerung diese Entwicklungen und die soziale Spaltung der Gesellschaft? Welches sind für sie die Ursachen der Finanzkrise und welche Konsequenzen ziehen sie daraus? Der Autor legt bei seiner auf Umfragen gestützten Untersuchung den Fokus auf Herkunft und Bildung sowie die verschiedenen Karrierewege der Eliten. Hartmann stellt als konstituierendes Grundelement im Selbstverständnis moderner Gesellschaften das Leistungsprinzip fest. Ein bemerkenswertes Ergebnis der Studie ist, dass deutsche Eliten im Gegensatz zur übrigen Bevölkerung die sozialen Unterschiede als weit weniger ungerecht empfinden und darin sogar notwendige Leistungsanreize sehen. Gleichwohl beurteilen sie aber deutlich skeptischer als die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger die Bedeutung von individueller Leistung als entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Karriere. Auch in der Beurteilung zentraler politischer Probleme zeigen sich nach Hartmann bemerkenswerte Unterschiede zwischen den Eliten und der Bevölkerung. So sehen Eliten beispielweise die Hauptgründe für die Finanzkrise in der Staatsverschuldung und weniger im Verhalten der Banken oder gar in der Einkommens‑ und Vermögensungleichverteilung. Überraschenderweise erkennen (zumindest) Teile der Eliten die Lösung dieser Krise jedoch vor allem in einer verstärkten Regulierung der Finanzmärkte.
Oliver Trede (OT)
Dr. phil., Historiker/Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.3312.35 Empfohlene Zitierweise: Oliver Trede, Rezension zu: Michael Hartmann: Soziale Ungleichheit – Kein Thema für die Eliten? Frankfurt a. M./New York: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36402-soziale-ungleichheit--kein-thema-fuer-die-eliten_44321, veröffentlicht am 14.11.2013. Buch-Nr.: 44321 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken