Skip to main content
Olivier Moeschler

Der Schweizer Film. Kulturpolitik im Wandel: der Staat, die Filmschaffenden, das Publikum. Aus dem Französischen von Claudine Kallenberger

Marburg: Schüren 2013; 139 S.; pb., 19,90 €; ISBN 978-3-89472-861-8
Der Kultursoziologe Olivier Moeschler widmet sich nicht einfach nur irgendeinem kulturpolitischen Feld, sondern einer Aufgabe von Verfassungsrang: „Der Bund kann die Schweizer Filmproduktion und die Filmkultur fördern.“ Dieser Artikel ist bemerkenswert – zum einen, weil hier die Freiheit der Kunst und wirtschaftliche Interessen aufeinandertreffen, zum anderen, weil die Eidgenossenschaft ein betont föderales System ist, in dem – ebenfalls laut Verfassung – „bei der Zuweisung und Erfüllung staatlicher Aufgaben [..] der Grundsatz der Subsidiarität zu beachten“ ist. Moeschler, der bereits mehrfach zum Themenkomplex publiziert hat, gibt einen komprimierten Überblick über die durchaus erstaunliche Entwicklung der Schweizer Filmpolitik. In seiner chronologisch angelegten Darstellung liegt dabei der Schwerpunkt auf den verschiedenen Akteursgruppen wie Kinobesitzer, Regisseure und Politiker. Zu Beginn der Entwicklung des Kinos schuf der Staat, so ist den ersten Kapiteln zu entnehmen, lediglich einen Rahmen für das neue Medium. Das Bewusstsein dafür, dass ein kulturell eigenständiger Schweizer Film erstrebenswert sei, wuchs dann vor allem während des Zweiten Weltkriegs, als das Land zwischen seinen faschistischen Nachbarn Italien und Deutschland eingeklemmt war. In diese Zeit fällt eine Blüte der Filmproduktion, die ohne staatliche Unterstützung oder gar Steuerung auskam. Zäsuren stellten dann, nach langen Diskussionen, die Aufnahme der Filmförderung in die Verfassung nach einem Volksentscheid 1958 und das 1963 verabschiedete Filmgesetz dar. Moeschler schildert, wie sich damit die Branche, die nun auf Prämien für bereits produzierte Filme und später auf eine Produktionsförderung hoffen konnte, unter der Fürsorge des Staates weiterentwickelte und wer wen zu beeinflussen suchte. Der Staat selbst hatte dabei „gewissermaßen den pädagogischen Anspruch, dem Publikum die siebte Kunst näher zu bringen“ (100). Gefördert wurden lange Zeit anspruchsvolle Autorenfilme, die zwar einen Diskursraum für Kritik schufen, aber meist nur äußerst wenige Zuschauer fanden. Überhaupt stellt Moeschler wiederholt den sehr geringen Marktanteil Schweizer Filme fest, dieser erreichte nie auch nur zehn Prozent und lag oft sehr weit darunter. Es bleibt offen, ob sich daran nach der jüngsten Umorientierung der staatlichen Unterstützung auf möglichst wirtschaftlich erfolgreiche Filme, die das „nationale Bewusstsein“ (112) fördern sollen, etwas ändern wird.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.5 | 2.263 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Olivier Moeschler: Der Schweizer Film. Marburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36414-der-schweizer-film_44533, veröffentlicht am 14.11.2013. Buch-Nr.: 44533 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken