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Sabine Ruß-Sattar / Peter Bender / Georg Walter (Hrsg.)

Europa und der Arabische Frühling. Deutschland, Frankreich und die Umbrüche der EU-Mittelmeerpolitik

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Denkart Europa 21); 240 S.; 32,- €; ISBN 978-3-8487-0239-8
„Die Aufstände in der arabischen Welt stehen nicht nur für einen politischen Wechsel, sondern für einen radikalen gesellschaftlichen Aufbruch zur Befreiung dieser Völker vom Joch der bisher herrschenden (neo‑)patriarchalischen Regime, die sich nach der Unabhängigkeit vom Kolonialismus in Form von Autokratien […] etabliert hatten.“ (233) Diese These vertritt Mohamed Turki, der sich in seinem Beitrag mit den politischen und gesellschaftlichen Herrschaftsstrukturen in der arabischen Welt beschäftigt. Insbesondere die Jugend stehe für diesen Wunsch nach Umgestaltung der politischen Systeme. Die Europäische Union habe diese Situation, so Annette Jünemann in ihrem Aufsatz, falsch eingeschätzt. Sie habe bis zur Arabellion zu sehr auf die Stabilisierung der herrschenden Regime gesetzt, um so ihre Sicherheits‑ und Wirtschaftsinteressen zu sichern. Doch nach dem Zusammenbruch der Regime habe die Europäische Union „vor dem Scherbenhaufen ihrer Mittelmeerpolitik“ (19) gestanden. Sie habe einen „Glaubwürdigkeitsverlust“ (36) erlitten. Auch Werner Ruf konstatiert, dass die EU den südlichen Mittelmeerländern bis zur Arabellion eine faire Partnerschaft verweigert habe. Er spricht von dem grundsätzlichen Widerspruch zwischen der Durchsetzung neoliberaler Prinzipien im Süden und dem gleichzeitigen Agrar‑Protektionismus im Norden. Auf der Suche nach einer Neujustierung ihrer Mittelmeerpolitik sieht Jünemann Europa nun auf dem richtigen Weg; ein Indikator sei die Ankündigung, die Zivilgesellschaft in Zukunft stärker in die Zusammenarbeit einbeziehen zu wollen. Allerdings werde die EU‑Mittelmeerpolitik auch künftig einer „sicherheitsparadigmatischen Handlungslogik“ (37) folgen. Große Potenziale für die Zusammenarbeit zwischen der EU und Nordafrika sieht Matthias Ruchser in der Energiepolitik, vor allem hinsichtlich der Wind‑ und Sonnenenergie, und beschreibt Initiativen von deutschen und französischen Akteuren in diesen Bereichen. Dass Deutschland und Frankreich auf den Arabischen Frühling in ihrer Außenpolitik unterschiedlich reagiert haben, erläutert Katrin Sold. Sie fragt, welche Faktoren dafür verantwortlich waren und zeigt Kontinuitäten und Brüche in den außenpolitischen Rollenkonzeptionen der beiden Länder auf. So habe die Arabellion „die kollektive Selbstwahrnehmung Frankreichs als Verteidigerin der Menschenrechte mit weltpolitischem Anspruch“ (234) infrage gestellt. Der Band resultiert aus einer Tagung an der Universität Kassel im Frühjahr 2011.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 3.6 | 2.63 | 2.61 | 4.21 | 4.22 | 3.5 | 2.35 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Sabine Ruß-Sattar / Peter Bender / Georg Walter (Hrsg.): Europa und der Arabische Frühling. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36477-europa-und-der-arabische-fruehling_44266, veröffentlicht am 05.12.2013. Buch-Nr.: 44266 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken