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Annette Zimmer (Hrsg.)

Civil Societies Compared: Germany and the Netherlands

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (European Civil Society 13); 345 S.; 54,- €; ISBN 978-3-8329-7494-7
Es gibt einen wesentliche Unterschied zwischen dem Umgang mit neuen politischen, ökonomischen oder kulturellen Herausforderungen in Deutschland und dem in den Niederlanden: Die deutsche Politik ist weitgehend von ideologischen Ansätzen, einem „Normativismus“ (17), geprägt, während die politischen Akteure in den Niederlanden eine Politik des Pragmatismus verfolgen. So lautet eine These dieses Sammelbandes. Diese wird in dem in drei Abschnitte unterteilten Buch anhand der Entwicklung der Rolle der Zivilgesellschaft und der gemeinnützigen Organisationen immer wieder deutlich. Während es im ersten Teil zunächst vorwiegend um methodische Fragen geht, werden im zweiten Abschnitt die verschieden geprägten Zivilgesellschaften in den Mittelpunkt gestellt. Remieg Aerts zeigt zum Beispiel in seiner historischen Betrachtung, dass im 19. Jahrhundert die Mittelklasse in beiden Ländern zwar die treibende zivilgesellschaftliche Kraft war. Neben dieser Gemeinsamkeit sei aber die schon angesprochene Differenz zwischen einer pragmatischen und einer ideologischen Politik festzustellen. Beide Ansätze könnten also als eine historische Erbschaft angesehen werden. Rupert Graf Strachwitz benennt in seinem Beitrag die ideologischen Ansätze, unter denen gemeinnützige Organisationen innerhalb der deutschen Zivilgesellschaft tätig waren, als liberal, katholisch und sozialdemokratisch. Dies wiederum führe zu einer spezifischen Haltung gegenüber dem Staat. So sei die Zivilgesellschaft in Deutschland mit dem Staat seit jeher eng verbunden gewesen und habe stets auf eine Kooperation mit ihm und auf seine Unterstützung gesetzt. In den Niederlanden aber besitze die Zivilgesellschaft bis heute Priorität vor dem Staat. Im Blickpunkt des dritten Teils stehen eher aktuelle Reaktionen der beiden Staaten auf ein verändertes soziales Umfeld. Fenella Fleischmann findet beispielsweise in einer vergleichenden empirischen Studie über Türken in Amsterdam und Berlin heraus, dass in Amsterdam eine strukturelle Integration (etwa in den Arbeitsmarkt) bei gleichzeitiger hoher islamischer Religiosität möglich ist, während dies in Berlin nicht in gleicher Weise gelingt. Die Autorin führt dies auf die – gerade im Vergleich zu den Niederlanden – mangelnde Anerkennung und Akkommodation des Islams in Deutschland zurück, die zu einem Rückgang der Religiosität unter den gut integrierten Türken der zweiten Generation führe. Nicht der Islam sei damit ein Hindernis bei der Integration, so ihr Fazit, sondern die institutionelle Benachteiligungen des Islams.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.2 | 2.61 | 2.331 | 2.22 | 2.35 | 2.23 | 5.2 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Annette Zimmer (Hrsg.): Civil Societies Compared: Germany and the Netherlands Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36479-civil-societies-compared-germany-and-the-netherlands_44379, veröffentlicht am 05.12.2013. Buch-Nr.: 44379 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken