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Ina Wiesner (Hrsg.)

Deutsche Verteidigungspolitik

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Schriften der Akademie der Bundeswehr für Information und Kommunikation 29); 403 S.; brosch., 69,- €; ISBN 978-3-8329-7654-5
Mit seinem Anspruch, erstmals grundlegend die Politics‑Dimension – also die Prozesse und die hiermit verbundenen Wege der Entscheidungsfindung sowie Akteursinteressen und institutionelle Mechanismen – der deutschen Verteidigungspolitik in den Mittelpunkt zu stellen, sticht der Sammelband gegenüber der bisherigen Literatur zum Thema heraus. Obwohl diesem Ziel verpflichtet, leitet mit Stephan Böckenfördes „Grundzüge der Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland“ ein Beitrag den Band ein, der sich nicht im engeren Sinne der deutschen Verteidigungspolitik, sondern der konzeptionell weiter gefassten Sicherheitspolitik widmet. Deren Paradigmenwechsel seit dem Ende des Kalten Kriegs erklärt Böckenförde mit der Schwierigkeit eines Transformationsprozesses, der Deutschland zu einem neuen „(Rand‑)Akteur innerhalb der neuen globalen sicherheitspolitischen Struktur“ (24) gemacht hat. Neben den politischen, rechtlichen und materiellen Entwicklungen hänge die weitere Ausrichtung der deutschen Sicherheits‑ und Verteidigungspolitik auch davon ab, ob und wieweit die Bevölkerung diese Politik mittragen werde und ob „der Staat – politisch und finanziell – überhaupt in der Lage sein wird, diese Prozesse zu kontrollieren“ (46). Neben einer Betrachtung des deutschen Verteidigungssektors und seiner Institutionen enthält der Band auch eine Reihe von Beiträgen zu aktuellen politisch‑gesellschaftlichen Fragen wie der Wahrnehmung der Streitkräfte in der Bevölkerung, den rechtlichen Rahmenbedingungen von Auslandseinsätzen und dem NATO‑Ansatz von Pooling und Sharing. Tom Dyson kommt zum Abschluss in seiner vergleichenden Außenbetrachtung zu dem Urteil, dass Deutschland in der Reform seines Verteidigungssektors hinter seinen europäischen Partnern Großbritannien und Frankreich zurückliegt. Die „geringe Autonomie der Exekutive in Verteidigungsfragen“ führt dem Autor zufolge zu einem Grad „ziviler Einmischung“, der zwischen „exzessiv“ (in Fragen der militärischen Doktrin) und „laissez‑faire“ (im Beschaffungswesen – 391) schwankt. Ursächlich hierfür sind nach seinem Urteil politisch‑institutionelle Faktoren der Verteidigungspolitik und gerade nicht Deutschlands strategische Kultur.
Christian Patz (CPA)
M.A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften, Fachbereich Politikwissenschaft, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Rubrizierung: 4.21 | 2.324 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Ina Wiesner (Hrsg.): Deutsche Verteidigungspolitik Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36521-deutsche-verteidigungspolitik_43922, veröffentlicht am 19.12.2013. Buch-Nr.: 43922 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken