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Lore Maria Peschel-Gutzeit, mit Nele-Marie Brüdgam

Selbstverständlich gleichberechtigt. Eine autobiographische Zeitgeschichte

Hamburg: Hoffmann und Campe 2013; 303 S.; geb., 22,99 €; ISBN 978-3-455-50248-0
Schon vielfach ist in den Medien die Begegnung zwischen Lore Maria Peschel‑Gutzeit, damals Richterin in Hamburg, und Manfred Engelschall, damals Vorsitzender der für Presserecht zuständigen Kammer am Hamburger Landgericht, aufgegriffen worden: Peschel‑Gutzeit wollte in die Pressekammer wechseln, hörte aber, dass der Vorsitzende keine Frauen aufnimmt. Statt sich damit abzufinden oder empört zu reagieren, wählte Peschel‑Gutzeit einen viel klügeren Weg. Sie klopfte unvermittelt an die Tür von Engelschall und sagte: „Ich habe gehört, Herr Engelschall, Sie möchten an Ihrer Kammer gern eine Frau haben. Ihnen kann geholfen werden!“ (10) Peschel‑Gutzeit war maßgeblich daran beteiligt, dass Beamtinnen aus familiären Gründen in Teilzeit arbeiten können, sie setzte sich als Mitglied der Verfassungskommission für die staatliche Förderung der Gleichberechtigung ein und kämpfte an der Seite von Alice Schwarzer gegen pornografische Darstellungen auf den Titelseiten des Magazins Stern. Nun legt sie ihre autobiografischen Erinnerungen vor. Das Buch ist aber nicht nur als die Geschichte eines bewegten und mutigen Lebens zu sehen, das sowohl den beruflichen Weg einer in Vollzeit arbeitenden Frau als auch die familiäre Situation einer alleinerziehenden Mutter von drei Kindern schildert. Es spiegelt auch die Mentalität und gelebte Praxis der Ungleichbehandlung in der deutschen Nachkriegszeit wider, die sogar in einzelnen Gesetzen festgeschrieben war, aber in scharfem Kontrast zu Artikel 3 des Grundgesetzes steht. Peschel‑Gutzeit, die erste Senatspräsidentin am Hanseatischen Oberlandesgericht und erste Justizsenatorin in Hamburg, Erste Vorsitzende des Deutschen Juristinnenbundes, Richterin und Rechtsanwältin konstatiert, dass wir in der Bundesrepublik trotz des Gleichberechtigungsgrundsatzes in Artikel 3 Absatz 2 „von einer Gleichstellung in Gesellschaft und Wirtschaft“ noch „meilenweit entfernt“ (302) sind. Daher spricht sie sich für eine gesetzliche Frauenquote sowie die Sanktionierung ihrer Nichteinhaltung ein – und zeigt mit ihrer autobiografischen Zeitreise, dass sich der Kampf um die Gleichberechtigung und Gleichstellung der Geschlechter lohnt.
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Rubrizierung: 2.3 | 2.36 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Lore Maria Peschel-Gutzeit, mit Nele-Marie Brüdgam: Selbstverständlich gleichberechtigt. Hamburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36688-selbstverstaendlich-gleichberechtigt_43220, veröffentlicht am 06.02.2014. Buch-Nr.: 43220 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken