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Manfred Sohn

Der dritte Anlauf. Alle Macht den Räten

Köln: PapyRossa Verlag 2012; 180 S.; 12,90 €; ISBN 978-3-89438-491-3
Laut Berichten der Medien und vielzitierten Untersuchungen von Organisationen wie der Bertelsmann‑Stiftung ist die Lage vieler Kommunen in Deutschland mehr als nur angespannt. Zu einer ähnlichen Bewertung des Problems, allerdings einer gänzlich anderen Lösung, kommt Manfred Sohn – er ist derzeit Landesvorsitzender der Partei DIE LINKE in Niedersachsen. Die aktuelle Situation der Städte und Kommunen in Deutschland gefährde nicht nur die lokale und parlamentarische Demokratie, also die Basis des deutschen Staates, sondern sie zeuge auch von einer „antidemokratischen und antikommunalen Zentralisierungspolitik, die in der Bundesrepublik Deutschland Staatsräson“ (16) geworden sei. Die Ursachen und Verantwortlichkeiten hierfür seien nicht bloß in der „Kommunalfeindlichkeit“ (14) von Parteien wie SPD, CDU und FDP zu suchen, vielmehr sieht Sohn sie im Kapitalismus selbst begründet. Dieser fördere schließlich die Konzentration von Kapital und Macht, deren natürliche Antithesen die Ideen von Föderalismus und kommunaler Selbstbestimmung darstellten. Das Buch kann daher auch als Hilfestellung und Aufforderung zur Organisation des titelgebenden „dritten Anlaufs“ zum Sozialismus verstanden werden. Angesichts der eher nüchternen Bilanz der ersten beiden Versuche – der Pariser Commune von 1871 und der Oktoberrevolution von 1917 – spendet der Autor unfreiwillig zynisch wirkenden Trost: Auch wenn der zweite Anlauf immerhin 72 Jahre gedauert habe, so der Hinweis, befinde man sich ja lediglich erst dabei, „aus der Vorgeschichte in die eigentliche menschliche Geschichte zu kommen. Dafür eben braucht es mehrere Anläufe“ (9). Als Ausgangspunkt für diesen erneuten Anlauf dient Sohn in Deutschland – und hier wiederum von Marx’ Schilderung der Pariser Commune beeinflusst – die kommunale Ebene. „[V]or allem in der Vergesellschaftungsfrage [sei] die Kommune in den Mittelpunkt [...] jeder sozialistischen Perspektive zu stellen“ (176). Wenn der Autor hier den großen Bogen von Paris über Petrograd nach Niedersachsen spannt, ist sein Argument allerdings historisch verzerrt und unvollständig und will dann auch nicht wirklich überzeugen. Auch ein sachlicherer Ton hätte dieser Streitschrift sicherlich gutgetan. Wenn es aber darum geht, die Situation der Städte und Kommunen und ihre Ursachen ihrer Probleme zu beschreiben, gelingt es Sohn an vielen Stellen doch, die wunden Punkte zu benennen.
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Rubrizierung: 2.22 | 2.325 | 5.43 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Manfred Sohn: Der dritte Anlauf. Köln: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36716-der-dritte-anlauf_42096, veröffentlicht am 13.02.2014. Buch-Nr.: 42096 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken