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Niko Paech

Befreiung vom Überfluss. Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie

München: oekom verlag 2013; 155 S.; 14,95 €; ISBN 978-3-86581-181-3
„Die enormen Steigerungen des materiellen Wohlstands seit Beginn der Industrialisierung beruhen allein auf ökologischer Plünderung“ (56), so lautet eine der Thesen des Oldenburger Professors für Volkswirtschaft Niko Paech. Die Menschen in modernen Konsumgesellschaften praktizierten einen Lebensstil, mit dem sie sowohl der Umwelt schadeten als auch sich selbst psychisch überforderten. Das Leitbild eines „von körperlichen Mühen und Anspruchsrücknahmen entlasteten Lebens“ (41) verlange immer neue technische Innovationen. Vormals körperlich zu verrichtende Arbeiten werden durch „Energiesklaven“ erledigt und unbequeme, „schmutzige“ (40) Tätigkeiten in Sweat Shops in Asien, Lateinamerika und Afrika verlagert. Doch die Sweat Shop‑Arbeitskräfte in den Schwellenländern entwickelten ähnliche Wohlstandserwartungen wie die Menschen in den Industrieländern. Die „Eintrittskarte für dieses moderne Schlaraffenland“ (42) sei Geld. Das „Haben‑jetzt‑zahlen‑später‑Prinzip“ verkörpere eine Entgrenzung und bewirke das „Verschuldungssyndrom“, das er für einen „Gradmesser für Gier und Ungeduld […] und für organisierte Verantwortungslosigkeit“ (18) hält. Konsumgesellschaften tendierten dazu, das Ausmaß an Verschuldung stetig zu erhöhen. Ausführlich äußert Paech seine fundamentale Kritik am aktuellen Leitbild unseres Wirtschaftssystems, dem Glauben an das Wachstum, bevor er im letzten Kapitel sein Alternativkonzept vorstellt. Auch der Idee des grünen Wachstums erteilt er eine Absage, denn jede Innovation berge zugleich neue Risiken: „Die Nebenfolgen der einen Innovationswelle beschwören die Notwendigkeit einer weiteren herauf“ (80). Die Unterscheidung zwischen gutem und schlechtem Wachstum hält Paech für Augenwischerei. Die Alternative zu einer auf Wirtschaftswachstum basierenden Existenzform sieht er in der Postwachstumsökonomie. Deren Fundament basiere auf einer Theorie der Subsistenz und Suffizienz und impliziere eine „Ökonomie der Nähe“. Die Verkürzung von Distanzen zwischen Verbrauch und Produktion werde zur Folge haben, dass sich die Menschen mit ihrer Region und der dort beheimateten Ökonomie stärker identifizierten. „Kreative Subsistenz“ (120) ist für ihn das Zauberwort, um die industrielle Produktion partiell zu ersetzen – Beispiele finden sich reichlich in diesem Band. Empfohlen wird die „Rückkehr zur Sesshaftigkeit“ (58) als Antwort auf die extrem zunehmende globale Mobilität. Die Reduzierung der Arbeitszeit auf eine 20‑Stunden‑Woche bedeute mehr Zeit und „Glück als letzte [...] Zielgröße allen Wirtschaftens“ (148). „Weniger kaufen, dafür mehr mit anderen gemeinsam organisieren, tauschen, nutzen oder produzieren bedeutet, das Ökonomische wieder in das Soziale einzubetten. Verlässlichkeit und stabiler sozialer Zusammenhalt können an die Stelle von Vereinzelung treten.“ (147)
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Rubrizierung: 2.2 | 2.22 | 2.23 | 4.43 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Niko Paech: Befreiung vom Überfluss. München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36717-befreiung-vom-ueberfluss_42280, veröffentlicht am 13.02.2014. Buch-Nr.: 42280 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken