Skip to main content
Lisa Herzog / Axel Honneth (Hrsg.)

Der Wert des Marktes. Ein ökonomisch-philosophischer Diskurs vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2014 (suhrkamp taschenbuch wissenschaft 2065); 670 S.; 25,70 €; ISBN 978-3-518-29665-3
Die in Zeiten der Finanz‑ und Wirtschaftskrisen bröckelnde Selbstevidenz einer kapitalförmigen Marktwirtschaft nehmen Lisa Herzog und Axel Honneth zum Anlass, der Verbindung von Markt und Moral in ihrer theoretischen Entwicklung nachzugehen. Dabei wählen sie Auszüge von bedeutenden Meilensteinen der Ökonomie‑ und Philosophiegeschichte und stellen anhand derer eine kommentierte Dreiteilung der Rechtfertigung, Kritik und Vermittlung des Marktes und seines Verhältnisses zur normativen Ordnung vor. Begonnen wird mit dem vergessenen Klassiker Bernard de Mandeville, der bedeutenden Einfluss auf die Theorie von Adam Smith hatte, die sich über David Ricardo bis in die Chicago School fortsetzte. Die Affirmation des Marktes als effiziente Verteilung und freiheitliche Ordnung beschreibt sich zuerst als eine Naturalisierung von ökonomischen Gesetzmäßigkeiten, die sich im vergangenen Jahrhundert auf nahezu alle Lebensbereiche ausdehnte. Entgegen genau dieser Tendenz speiste sich von Beginn an auch deren Kritik. Die ersten Einwände des Frühsozialismus richteten sich gegen die Naturgesetzmäßigkeit der Verelendung in der fortschreitenden Industrialisierung und brachten dagegen den Gleichheitsbegriff ins Spiel. Karl Marx, der die moralische Kritik zunächst aufgreift, erhebt diese schließlich mit dem Kapital zu einer strukturellen Analyse der Ausbeutung. Darauf aufbauend entwickelt unter anderem Rosa Luxemburg die Kritik weiter und bindet sie an die Strukturwandlungen des Kapitalismus selbst zurück, der, bevor er sich lebensweltlich ausbreitete, zuerst einen imperialistischen Expansionskurs vollzog. Auch Karl Polanyi weist auf diese Totalisierung des Marktes jenseits aller normativen Ordnungen hin. Honneth selbst verortet die zeitgenössischen Spielarten der Marktkritik, eher wieder einem normativen Anspruch folgend, als gerechtigkeitstheoretische Einwände, wie sie beispielsweise Michael Albert vorbringt. Die Vermittlung der beiden Pole als „moralische[…] Einhegung des Marktes“ (357) thematisieren Honneth und Herzog dann anhand dreier Ansatzpunkte, die den Markt entweder als nur eine gesellschaftliche Sphäre unter anderen auf seine Spezifik zurückverweisen, ihn in Zusammenhang mit der Verteilungsfrage zu begreifen versuchen oder aber ihn von innen heraus anhand moralischer Kriterien modifizieren wollen. Letztlich bildet diese Aufarbeitung selbst eine Art Markt der Argumente ab, der den beschriebenen Ambivalenzen unterworfen ist und auf dem die Sichtweisen gleichwertig nebeneinander zu stehen scheinen.
{AST}
Rubrizierung: 5.45 | 5.33 Empfohlene Zitierweise: Alexander Struwe, Rezension zu: Lisa Herzog / Axel Honneth (Hrsg.): Der Wert des Marktes. Frankfurt a. M.: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37017-der-wert-des-marktes_45473, veröffentlicht am 24.04.2014. Buch-Nr.: 45473 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken