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Michael Schlieben

Politische Karrieren in der Bundesrepublik. Studien über Aufstieg und Scheitern

Stuttgart: ibidem-Verlag 2013 (Göttinger junge Forschung 17); 406 S.; 39,90 €; ISBN 978-3-8382-0517-5
Diss. Göttingen. – Anders als in der angelsächsischen Leadership‑Forschung gehören Studien über politische Karrieren nicht zu den Standardthemen der deutschen Politikwissenschaft. Das liegt nicht nur an der die Disziplin prägenden institutionellen Perspektive, sondern auch an konzeptionellen Herausforderungen, bei der Untersuchung des Handelns von politischen Führungskräften einen analytischen Ansatz auszuweisen, der sich systematisch von historischer Biografieforschung und Individualpsychologie unterscheidet. Michael Schlieben hat sich in seiner Studie für eine Konzeptualisierung entschieden, die – auf Basis von Fallstudien – eine generationsbezogene Perspektive mit einem interaktionistischen Ansatz verbindet. Politische Karrieren vollziehen sich demnach im Schnittpunkt von drei Faktoren: den wie immer biografisch vermittelten Kompetenzen von Personen, dem institutionellen, parteienspezifischen Handlungsrahmen, in dem sich Politiker bewegen, und schließlich dem jeweiligen politisch‑sozialen Kontext, auf dessen Herausforderungen sie reagieren müssen. Darüber hinaus lassen sich am Verlauf von Karrieren mindestens die beiden Phasen Aufstieg und Bewährung (beziehungsweise Machtverlust) unterscheiden. Dieses analytische Raster legt Schlieben den fünf Fallstudien zugrunde, mit denen er typische Zeitabschnitte der bundesdeutschen Geschichte von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart abbilden möchte. Abgesehen von der ersten Fallstudie, die sich primär auf gescheiterte Karrierekonzepte der Nachkriegszeit bezieht, geht es bei den folgenden um Generationen von Spitzenpolitikern der Volksparteien: Rainer Barzel repräsentiert die skeptische Generation der um 1920 Geborenen, Oskar Lafontaine steht für den Typus des von der Prosperitätsphase geprägten Parteipolitikers, Angela Merkel gilt als zweifellos erfolgreichste Vertreterin ostdeutscher Nachwende‑Politiker und Sigmar Gabriel zählt zu den Spitzenpolitikern, die mit der Krise der Parteien aufgewachsen sind. Der Reiz der Studie beruht auf der Offenheit, in der sich der Autor – ein allzu striktes Systematik‑Korsett vermeidend – den einzelnen Fällen zuwendet.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.3312.3132.315 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Michael Schlieben: Politische Karrieren in der Bundesrepublik. Stuttgart: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37119-politische-karrieren-in-der-bundesrepublik_44293, veröffentlicht am 28.05.2014. Buch-Nr.: 44293 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken