Themen und Thesen kritischer Gesellschaftstheorie. Ein Kompendium
Jürgen Ritserts Darstellung erinnert auf den ersten Blick sofort an die „Soziologischen Exkurse“ des Frankfurter Instituts für Sozialforschung, in denen Max Horkheimer, Theodor W. Adorno und andere die wesentlichen sozialwissenschaftlichen Grundbegriffe aus der Perspektive der Kritischen Theorie dargelegt hatten. Denn Ritsert fokussiert in seiner knappen Einführung ebenfalls auf Schlüsselbegriffe kritischer Gesellschaftstheorie und fasst deren Gehalt und Wandel mit Blick auf die frühe Kritische Theorie: Kritik, Individuum, Gesellschaft und Geschichte, soziale Ungleichheit und Klassenstruktur, Lebenswelt, Machtinteressen und soziales Bewusstsein, Dialektik sowie Kunst und Kulturindustrie. Die Darstellung basiert jeweils auf klar benannten Primärtexten, systematisiert und gliedert die vorgestellten Gedankengänge, vertieft sie mit Exkursen zu Begriffen und Prinzipien und spitzt sie oft auf Thesen zu. Ritserts Anliegen ist es, Kritische Theorie in ihrem grundsätzlich gesellschaftskritischen Anliegen vorzustellen, wobei er den „deontischen Rahmen“ (29) mit der Perspektive der Befreiung als konstitutiv betont und hervorhebt, dass dabei die „Bestimmung des Verhältnisses zwischen Subsumtionsmodell und Emanzipationsmodell der Subjektivität weder auf eine kulturpessimistische Absolutsetzung des Subsumtionsmodells, noch auf eine strikte Disjunktion“ (54) hinauslaufen sollte. Dass hier innerhalb der Überlegungen der Kritischen Theorie auch ein gewisses Spannungsverhältnis besteht, zeigt Ritsert mit Blick auf die begriffliche Differenzierung von „Kulturindustrie und Kultivierung“(96). Dabei widerspricht er dem Vorurteil, nach dem in den Überlegungen zur Kulturindustrie eine „Beschimpfung der verachteten Massen“ (99) angelegt sei – was diese aber trotzdem nicht von Mitverantwortung für die Verhältnisse, die sie reproduziere, frei spreche. Alles in allem handelt es sich um eine sehr gelungene Zusammenfassung, die prägnant und einführend zugleich ist. Wer Ritserts Texte kennt, weiß um seinen für Sozialwissenschaftler streckenweise etwas ungewohnten Textgliederungsstil, der auch herausfordernd, aber gerade damit der Sache angemessen ist.