20 Jahre ostdeutsche Landesvertretungen in Brüssel

20 Jahre ostdeutsche Landesvertretungen in Brüssel. Eine Bilanz der Interessenvertretung der Länder aus unterschiedlichen Blickwinkeln
Wenn sich eine Lehre für die (ost‑)deutschen Bundesländer aus dem bisherigen Verlauf der europäischen Integration ziehen lässt, dann die, dass sie längst nicht mehr nur in Berlin, sondern eben auch in Brüssel präsent sein müssen. Von daher ist es nur naheliegend, dass ein Jubiläum wie 20 Jahre ostdeutsche Landesvertretungen besondere Aufmerksamkeit erfährt. Schließlich mussten diese Landesvertretungen von Anfang an mit einer Konstellation leben, die dem deutschen Föderalismus geschuldet ist: Sie müssen sich neben den etablierten Kanälen der Bundesregierung eigene Kommunikationswege eröffnen und neue Zugänge zu den europäischen Einrichtungen finden. Außerdem wächst das sogenannte Chor Diplomatique, eine typische Sprachschöpfung des Politikbetriebes in Brüssel, beinahe täglich. Somit müssen sich die Landesvertretungen schon etwas einfallen lassen, um wahrgenommen und gehört zu werden. Von daher sind die Beiträge dieses Bandes lesenswert und informativ, aber so mancher Aspekt fällt zugunsten des Jubiläums dann doch unter den Tisch. So werden die Leitungen der Landesvertretungen und damit ihr politischer Schwerpunkt im Koalitionsvertrag geregelt – der kleinere Partner hat sich um die Angelegenheiten in Brüssel und der größere um die in Berlin zu kümmern. Die Personal‑ und Budgetausstattung fällt im Vergleich zu den Vertretungen in Berlin höchst bescheiden aus. Entgegen aller Erwartung ist die Versetzung nach Brüssel alles andere als förderlich für die Karriere, da die hier erworbene Expertise in den Heimatministerien immer noch oder doch meistens ignoriert wird. Vor diesem Hintergrund muss der eine oder andere Beitrag eher kritisch betrachtet werden, auch wenn der Aufbau des Bandes ein Bewusstsein für die spezifisch europäischen Themen und die Reichweite bis in die Bundesländer hinein erkennen lässt. Da es laut Titel speziell um die ostdeutschen Landesvertretungen geht, sei an dieser Stelle auf den Abschnitt verwiesen, der mit „Vertretung von Länderinteressen in Brüssel“ (45 ff.) überschrieben ist. Wenn die Herausgeber aber in der Einleitung eingestehen, dass die Vorgänge in den wissenschaftlichen Beiträgen „eher aus der Distanz“ (8) analysiert werden, muss das hier nicht eigens kommentiert werden.