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Frank Bösch / Martin Sabrow (Hrsg.)

ZeitRäume. Potsdamer Almanach des Zentrums für Zeithistorische Forschung 2012/13

Göttingen: Wallstein Verlag 2013; 211 S.; brosch., 19,89 €; ISBN 978-3-8353-1369-9
Auch mit der Ausgabe 2012/2013 präsentiert das Zentrum für Zeithistorische Forschung eine Auswahl der im zurückliegenden Jahr in schriftlicher oder mündlicher Form vorgestellten Analysen und gibt damit Einblick in die thematische Vielfalt des Instituts der Leibniz‑Gemeinschaft. So widmet sich Martin Sabrow in seinem überzeugenden Artikel dem 1987 stattgefundenen Besuch Erich Honeckers in der Bundesrepublik, dessen historische Einordnung schwierig ist: Sorgte die Bonner Kooperation mit Ost‑Berlin für eine Stabilisierung der DDR oder fügt sich der Besuch Honeckers in das Narrativ des sich beschleunigenden Wandels durch Annäherung ein? Wie Sabrow gleich zu Beginn konstatiert, trägt seine Antwort „einen Januskopf. Sie lautet weder ‚Ja‘ noch ‚Nein‘, aber auch nicht ‚sowohl als auch‘, sondern deutet auf eine eigentümliche Verschränkung von Stärkung und Schwächung“ (162). Diese These erläutert Sabrow im Folgenden, indem er zunächst den diplomatischen Erfolg für die DDR herausstreicht, dann aber anhand von zahlreichen Vereinbarungen und verbindlichen Absichtserklärungen zwischen DDR und Bundesrepublik (Städtepartnerschaften, Reiseerleichterungen und Transitverkehr, Abrüstung, friedliche Zusammenarbeit, Umweltschutz, wissenschaftlich‑technische Zusammenarbeit) deutlich macht, dass das Politbüro nicht sah, dass „diese Lawine neuer Kontakte und Beziehungen“ (169) die Eigenstaatlichkeit der DDR untergrub. Entsprechend gelang Honecker mit seinem Besuch die außenpolitische Anerkennung der DDR, allerdings war sie dialektisch verbunden mit der inneren Destabilisierung des Landes. Christoph Neumaier rekonstruiert in seinem auf dem Historikertag 2012 mündlich präsentierten Beitrag die (Ideal‑)Vorstellungen und das Sprechen über Familie in der Bundesrepublik. Wie er zeigt, sind tradierte Familienvorstellungen vielfach noch vorherrschend (bürgerliche Lebensplanung: Heirat und Geburt von Kindern als wichtige Etappen und Leistungen), allerdings sind Werteverschiebungen bei jüngeren, in Städten lebenden Bundesbürger_innen aus höheren sozialen Schichten erkennbar. Neben dem langsamer verlaufenden Wertewandel habe sich das Sprechen über die Familie schneller verändert: Terminologien wie „normale“, „unvollständige“ oder „de‑facto‑ Familie“ seien heute nicht mehr im politischen und wissenschaftlichen Sprachgebrauch anzutreffen.
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Rubrizierung: 1.3 | 2.312 | 2.313 | 2.314 | 2.35 | 2.61 | 2.62 | 2.63 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Frank Bösch / Martin Sabrow (Hrsg.): ZeitRäume. Göttingen: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37347-zeitraeume_45251, veröffentlicht am 31.07.2014. Buch-Nr.: 45251 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken