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Ulrich Schneider

Antifaschismus

Köln: PapyRossa Verlag 2014; 135 S.; 9,90 €; ISBN 978-3-89438-543-9
„Ich selber folge einem Faschismus‑Begriff, der – in Anlehnung an Wolfgang Abendroth und Reinhard Kühnl – Faschismus als Form bürgerlicher Herrschaft versteht.“ Dieser stelle die ökonomischen Grundlagen und Eigentumsverhältnisse einer kapitalistischen Gesellschaft in keiner Weise infrage, „etabliert vielmehr – als ‚Roll‑back’ bürgerlicher Freiheiten und demokratischer Rechte – eine autoritäre Herrschaft, unterdrückt jegliche gesellschaftliche Partizipation der Unterschichten [...] und erklärt unterschiedliche Formen rassistisch begründeter Ausgrenzungen“ (9) zu seinem ideologischen Fundament. Von dieser Definition ausgehend nimmt Ulrich Schneider in diesem als Einführung konzipierten Band die historische Genese des Antifaschismus in den Blick. Dessen Geschichte beginnt mit der Etablierung des Begriffs Faschismus durch Giovanni Amendola und Francesco Nitti im Kontext der Herrschaft Mussolinis. Schneider verwendet dann viel Raum auf die Darstellung der – man muss das so sagen – katastrophal gescheiterten Auseinandersetzung der deutschen Linken mit dem Hitlerfaschismus. Immer wieder schimmert der Befund durch, dass die Parteien der parlamentarischen Linken – in der Weimarer Republik also vornehmlich die Sozialdemokratie und die deutschen Kommunisten – zu allererst damit beschäftigt waren, sich gegenseitig zu bekämpfen, was Schneider beispielhaft am kommunistischen Vorwurf des Sozialfaschismus illustriert. Eine gemeinsame politische Front gegen die NSDAP wäre möglich gewesen, so ist sich Schneider sicher. Die Rede von Otto Wels im Reichstag, der im Namen der SPD‑Fraktion gegen das Ermächtigungsgesetz sprach, sei aber trotz aller Bewunderung schon zu spät gekommen. Die vorstehenden Ausführungen, die allesamt historisch verortet sind, deuten bereits ein zentrales Problem der aktuellen Auseinandersetzung mit dem Antifaschismus an. Dieser sieht sich wiederholt dem Vorwurf ausgesetzt, historisch überholt zu sein. Diesem Vorwurf begegnet Schneider, indem er auf einer Definition insistiert, die den Antifaschismus als Kampf gegen jegliche Form der Ausgrenzung und für Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit ausweist. In solch einer Perspektive hat der Antifaschismus allerdings nichts von seiner gegenwartsdiagnostischen wie politischen Relevanz verloren.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.312.352.37 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Ulrich Schneider: Antifaschismus Köln: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37349-antifaschismus_45399, veröffentlicht am 31.07.2014. Buch-Nr.: 45399 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken