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Jonas Bens / Susanne Kleinfeld / Karoline Noack (Hrsg.)

Fußball. Macht. Politik. Interdisziplinäre Perspektiven auf Fußball und Gesellschaft

Bielefeld: transcript Verlag 2014 (Kultur und soziale Praxis); 188 S.; 27,99 €; ISBN 978-3-8376-2558-5
Der Sammelband thematisiert in einer überaus breiten Perspektive – von der Kulturanthropologie über die Politikwissenschaft bis hin zu den Wirtschaftswissenschaften – die Rolle, die der moderne Fußball als Breitensport in unserer Gesellschaft einnimmt. Notwendig ist so eine Beschäftigung allein schon deswegen, weil sich wohl kaum ein anderes Sportereignis in den vergangenen Jahrzehnten so sehr gewandelt hat wie das Fußballspiel – vom Stadion zur Arena, so könnte man diesen Wandel bildlich formulieren. Indem die Stehkurve zunehmend von der VIP‑Lounge abgelöst wurde, hat sich – so steht es zu vermuten – auch die Klientel, die Fußball konsumiert, massiv gewandelt. Spätestens hier lohnt ein Blick zurück – bei Kerstin Nowack reicht dieser bis in die Geschichte des Inka‑Reiches. In ihrem Beitrag – der noch nicht so recht zum Thema des Bandes passen will, da sie konzedieren muss, dass es so etwas wie Fußball bei den Inkas nicht gab – kommt sie zu dem Ergebnis, dass Sportwettbewerbe, seien sie religiös oder als Unterhaltung konzipiert, schon in der frühen Geschichte alles andere als eine gesellschaftliche Nebensache gewesen seien. Sie haben bei den Inkas wichtige soziale und politische Funktionen erfüllt, etwa die Legitimation von Landerwerb oder die Auszeichnung Heranwachsender. Von den Inkas ist der Schritt zur Fußball‑Bundesliga unserer Tage dann in der Tat nicht mehr weit. Oliver Fürtjes geht fragt in seinem Beitrag, inwieweit die Vermarktung des Fußballs als „Proletariersport“ (45), wie er sie paradigmatisch etwa im Vereinsleben des FC Schalke 04 gegeben sieht, überhaupt haltbar sei. Am Ende seiner Analyse steht der Befund, dass die Zusammensetzung der Fans und Zuschauer keinen derartigen sozialen Bias nahelege, weswegen der Malocherclub letztlich ein „Mythos“ (65) sei – der sich natürlich gut vermarkten lasse. A propos Vermarktung – wer schon immer der Vermutung anhing, dass es im DFB wie auch in der UEFA oder der FIFA ohnehin eher um das sprichwörtliche große Geld und eben nicht so sehr um die Sache des Sports ging und geht, der findet sich im Beitrag von Andreas Rüttenauer bestätigt. Rüttenauer hat als taz‑Reporter, unterstützt von seiner Redaktion, als unabhängiger Kandidat für die letzte DFB‑Präsidentschaft kandidiert. Im Zuge der Kandidatur konnte er Verquickungen von Sport und Politik erleben, die in der Tat daran zweifeln lassen, ob die Macht wirklich in Berlin zu Hause ist und nicht vielleicht doch in Frankfurt.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.352.362.343 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Jonas Bens / Susanne Kleinfeld / Karoline Noack (Hrsg.): Fußball. Macht. Politik. Bielefeld: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37359-fussball-macht-politik_45747, veröffentlicht am 31.07.2014. Buch-Nr.: 45747 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken