A "fallen angel" and a "teacher of evil" Niccolò Machiavelli in der Politischen Philosophie des Leo Strauss
Magisterarbeit Bonn; Betreuung: T. Mayer. – Leo Strauss, einst ein Geheimtipp, gilt heute als unbestrittener Klassiker der politischen Ideengeschichte. Sein Denken vollzieht sich, wie bei vielen politischen Philosophen des 20. Jahrhunderts, weniger als selbstbewusste Systembildung denn als Rekonstruktion ihrer eigenen Tradition, die Richtiges und Falsches trennen will. Und da nun dieses Falsche mit der Moderne schlechthin gleichgesetzt wird, liegt wie bei allen kulturkritischen Autoren die Frage auf der Hand, ab wann der Verfall des Richtigen eingesetzt hat. Die Antwort heißt: bei Machiavelli – im Übrigen hieß sie in seinen frühen Arbeiten: bei Hobbes. Alexander Oster skizziert zunächst die politische Philosophie von Strauss. Obwohl der Autor weitgehend den drei wichtigsten deutschsprachigen Darstellungen (Harald Bluhm, Clemens Kauffmann, Heinrich Meier) folgt, ist dieser Teil gerade für Leser_innen, die mit Strauss nicht vertraut sind, aufgrund der sprachlichen Leichtigkeit und des zurückhaltenden philosophischen Niveaus sehr gut geeignet. Im folgenden Kapitel widmet er sich Machiavelli, seiner Rezeptionsgeschichte und seiner Deutung im Zeitalter der Ideologien. Auch hier fasst der Autor klar und sehr lesenswert die Arbeiten von Friedrich Meinecke, Gerhard Ritter, Hans Freyer, René König, James Burnham und Jacques Maritain, Erwin Faul und Dolf Sternberger zusammen, es fehlt leider Eric Voegelins subtiler Text über „Die spielerische Grausamkeit der Humanisten“. Im dritten Teil wird sich nun ganz der Machiavelli‑Interpretation bei Strauss gewidmet: Anerkennung findet Oster für Strauss' akribische Lektüre, der jedoch dessen einseitiges und polemisches Urteil, Machiavelli sei ein „teacher of evil“ (Titel), entgegenstehe. Diese lebensweltlich und zeitgeschichtlich verständliche, aber politiktheoretisch überaus heikle apokalyptische Deutung verhindere ein angemessenes Urteil über Machiavelli. Sie ist, wie Oster zu Recht bemerkt, „völlig unbrauchbar“ (187). Von hier aus ließen sich nicht nur die Methode und politische Philosophie von Leo Strauss problematisieren – eine Aufgabe, die jedoch den Rahmen dieser kleinen Arbeit sprengen würde. Es ließe sich aber auch generalisierend nach seinem Standort in der politischen Ideengeschichte des 20. Jahrhunderts und dem Wechselspiel von historischer Rekonstruktion und aktualistischer Projektion fragen.