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Robert Maruschke

Community Organizing. Zwischen Revolution und Herrschaftssicherung. Eine kritische Einführung

Münster: edition assemblage 2014; 109 S.; 9,80 €; ISBN 978-3-942885-58-4
„In der BRD ist die herrschaftskritische Variante des Community Organizing kaum bekannt“ (12), stellt Robert Maruschke seiner Einführung voran. Stattdessen verbinde man damit häufig liberale oder staatliche Programme zu Nachbarschaftsinitiativen, deren Wirkungsradius auf einzelne Forderungen beschränkt bleibe und die damit letzten Endes affirmativ auf jenes Herrschaftssystem wirkten, aus dem sich ihr Anliegen erst ergeben habe. Dementgegen stellt Maruschke ein transformatives oder revolutionäres Community Organizing, dessen Ziel die Mobilisierung von Menschen über ihre konkreten Belange auch für eine strukturelle Veränderung der Verhältnisse ist. So gibt es vor allem in den USA eine lange Tradition beider Spielarten der nachbarschaftlichen Organisation, in der sich auch herausragende Beispiele für eine revolutionäre Alternative zeigen, die sich auf basisorientierter Organisation gründet und zu denen Maruschke beispielsweise den Aufstand der Arbeitslosen in den 1930er‑Jahren oder die Bürgerrechtsbewegung in den 1960er‑Jahren zählt. Zur analytischen Unterscheidung führt Maruschke vier zentrale Aspekte einer dezidiert revolutionären Communityarbeit an, in der eine kritischen Gesellschaftsanalyse, die die Herrschaftszusammenhänge für alle Beteiligten deutlich macht, sowie eine konsequente Basisarbeit auf eine direkt konfrontative Politik und übergreifende Solidarität hinauslaufen. Eine derartige Organisationsform ist in der Bundesrepublik tatsächlich selten. Stattdessen findet sich der Verweis auf die zentrale Stellung der Community weitaus öfter in neoliberalen Herrschaftszusammenhängen, in denen strukturelle Widersprüche an die direkt Betroffenen abgewälzt werden, die Menschen ihre eigene Ausbeutung erledigen sollen oder unter dem Mantel der Beteiligung lediglich wirtschaftliche Interessen durchgesetzt werden. Die Einbindung der Community reduziert sich darin zum „liberale[n] Politikangebot der herrschenden Klasse an Menschen aus der Nachbarschaft“ (92). In Anbetracht der Zuspitzung dieser Situation formieren sich allerdings mehr und mehr Bewegungen, die einen transformativen Anspruch dezidiert teilen, wie die Berliner Initiative zur Verhinderung von Zwangsräumungen. Die Relevanz solcher Initiativen und vor allem deren revolutionären Charakter stellt Maruschke immer wieder heraus, denn zu Recht lohnt sich das Gedankenspiel, „welchen Einfluss […beispielsweise] eine transformative Basisorganisation von und für die 700.000 Menschen entfalten [könnte], die in Berlin ALGII beziehen“ (99).
Alexander Struwe (AST)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Rubrizierung: 2.222.331 Empfohlene Zitierweise: Alexander Struwe, Rezension zu: Robert Maruschke: Community Organizing. Münster: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37585-community-organizing_45681, veröffentlicht am 25.09.2014. Buch-Nr.: 45681 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken