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Thomas Piketty

Das Kapital im 21. Jahrhundert. Aus dem Französischen von Ilse Utz und Stefan Lorenzer

München: C. H. Beck 2014; 816 S.; geb., 29,95 €; ISBN 978-3-406-67131-9
Der französische Ökonom Thomas Piketty hat eines der kontroversesten und meistdiskutierten Bücher des Jahres 2014 geschrieben. Im Kern geht es ihm um das Verhältnis zwischen Einkommen und Kapitalverteilung und damit um die Erklärung von Ungleichheiten: „Was weiß man wirklich darüber, wie sich die Verteilung von Einkommen und Vermögen seit dem 18. Jahrhundert entwickelte, und welche Lehren lassen sich für das 21. Jahrhundert daraus ziehen?“ (13) Piketty untersucht diese Frage mittels eines Vergleiches von über 20 Staaten, der sich über einen Zeitraum von mehr als 300 Jahren erstreckt, und gelangt aus zahlreichen umfassenden Analysen zu interessanten Ergebnissen. Dabei geht er immer wieder kritisch mit dem modellhaft‑mathematischen Denken seiner Kollegen ins Gericht, das viele Krisen und Probleme nicht erkennen kann. Zentral ist für Piketty die Erkenntnis, dass die reine Kapitalakkumulation sehr viel höher sein kann als die Wachstumsrate der Löhne und der Produktionen. Das bedeutet, dass die Finanzwirtschaft über die Realwirtschaft hinauswächst und damit Ungleichheiten immer weiter und schneller zunehmen. Deutlich wird auch, dass die Relation zwischen Kapital und Rendite heute das gleiche Verhältnis aufweist wie vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Aber „in dieser Ungleichheit spricht sich ein fundamentaler Widerspruch aus. Je stärker sie ausfällt, umso mehr droht der Unternehmer sich in einen Rentier zu verwandeln und Macht über diejenigen zu gewinnen, die nichts als ihre Arbeit besitzen. Wenn es einmal da ist, reproduziert sich Kapital von selbst – und zwar schneller, als die Produktion wächst. Die Vergangenheit frisst ihre Zukunft“ (786). Für die Lösung des Problems verweist der Ökonom auf den Staat, seine Aufgabe ist es, Ungleichheiten zu erkennen und abzubauen – das freie Spiel der Kräfte im Markt hat sich eben nicht als der ideale Weg erwiesen. Daher spricht sich Piketty für eine stärkere Rolle der Nationalstaaten aus – und im Falle Europas für eine stärkere regionale Integration. Das Buch bietet Erkenntnisse und Thesen, die auch noch in zehn Jahren aktuell sein werden. Der Anhang – das Literaturverzeichnis ebenso wie die historischen Quellen, die statistischen Methoden und die mathematischen Modelle – ist über die Website (http://piketty.pse.ens.fr/en/capital21c2) des Autors einzusehen.
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Rubrizierung: 2.25.455.12.222.61 Empfohlene Zitierweise: Fabrice Gireaud, Rezension zu: Thomas Piketty: Das Kapital im 21. Jahrhundert. München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37949-das-kapital-im-21-jahrhundert_46471, veröffentlicht am 08.01.2015. Buch-Nr.: 46471 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken