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Ingrid Brodnig

Der unsichtbare Mensch. Wie die Anonymität im Internet unsere Gesellschaft verändert

Wien: Czernin Verlag 2013; 176 S.; brosch., 18,90 €; ISBN 978-3-7076-0483-2
Angesichts der immer umfassenderen Verschmelzung des Online‑ und Offline‑Lebens stellt Ingrid Brodnig die Frage zur Diskussion, „wie wir das menschliche Miteinander in digitalen Zeiten regeln wollen“ (14). Zentraler Punkt ist dabei der Begriff der Anonymität. Befürworter betonen ihre Notwendigkeit für die Meinungsfreiheit, Gegner beklagen ihre Funktion als Schutzschild für Respektlosigkeit und Niedertracht im Internet. Die Autorin möchte „ein paar Grautöne in dieses monochrome Bild einfügen“ (32) und beleuchtet alle Facetten der Online‑Anonymität. Dabei bezieht sie sowohl die politische und die juristische Sichtweise als auch die der privaten Internetnutzer mit ein. Nach den Enthüllungen der zahlreichen Überwachungs‑ und Spionageaktivitäten westlicher Staaten haben die Diskussionen nach Ansicht Brodnigs neues Gewicht erhalten: „Unser Leben findet immer mehr im digitalen Bereich statt, auch im digitalen Umfeld müssen Grundrechte gelten. […] Hier werden Grundrechte ausgehöhlt, weil das offenbar online leichter umsetzbar ist.“ (55) Daraus resultiere die „Gefahr, dass das sensible Gleichgewicht zwischen Staat und Bürger noch mehr ins Wanken gerät“ (56). Dennoch müsse man sich eingestehen, dass sich die Enthemmung, die vielfach in der Online‑Kommunikation zu beobachten sei, nicht einfach hinnehmen lasse. Die Notwendigkeit einer Veränderung wird umso deutlicher, wenn die Autorin darlegt, dass die vermehrt aggressive Art der Kommunikation bereits Auswirkungen auf die öffentliche Debatte hat. Brodnig nennt es einen „Balanceakt, ein angenehmes Miteinander zu schaffen, ohne gleich in eine Überwachungsinfrastruktur abzugleiten“ (90). Daher gehört für sie die Anonymität „keinesfalls auf staatlicher Ebene abgeschafft“ (175), solange der Staat seine Bürger auch online vor Mobbing, Stalking und Verleumdung schützt. Die Autorin präsentiert ein detailreiches und sehr informatives Buch und scheut sich auch nicht davor, die Dilemmata genau anzusprechen, die das Thema Anonymität im Internet mit sich bringt.
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Rubrizierung: 2.2 | 2.22 | 4.45 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Ingrid Brodnig: Der unsichtbare Mensch. Wien: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38086-der-unsichtbare-mensch_45637, veröffentlicht am 19.02.2015. Buch-Nr.: 45637 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken