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Nicolaus Heinen

Mut und Wille. Wie wir Europas Blockade lösen

Halle (Saale): mdv Mitteldeutscher Verlag 2014; 327 S.; brosch., 17,95 €; ISBN 978-3-95462-314-3
Wie findet die EU aus dem Zustand der Dauerkrise? Für Nicolaus Heinen, Ökonom und Analyst für europäische Wirtschaftspolitik der Deutschen Bank, braucht es hierzu vor allem Mut und Wille. Im Stil eines Essays legt er nicht nur eine Analyse des derzeitigen wirtschaftlichen Zustands des Kontinents vor, sondern liefert einen Rezeptvorschlag, der auf den titelgebenden Zutaten basiert. Dazu lautet Heinens Initialdiagnose nach mehr als fünf Jahren Euro‑Krisenmanagement: „Das Gesamtbild, das Europa heute abgibt, ist das Gegenteil von dem, was erreicht werden sollte, als sich die Politik im Frühjahr 2010 auf das […] Projekt Eurorettung einließ“ (11). Nicht nur habe Europa seine Ideale angesichts der Kämpfe um das kontinentale Krisenmanagement aus dem Blick verloren, viele europäische Volkswirtschaften seien nach wie vor geschwächt und euroskeptische Kräfte gewinnen politisch an Bedeutung. Wie es soweit kommen konnte, erklärt der Autor nüchtern, indem er die politischen und volkswirtschaftlichen Mechanismen hinter der Krise aufzeigt. Als Folge der von den Euroretter_innen gemachten Fehler hält er fest: „Europäische Integration ist wieder intergouvernementaler geworden. […] Supranationale Institutionen […] haben das Nachsehen.“ (48) Was angesichts dieser „totalen Selbstblockade“ (101) Europas übrige bleibe, sei, aus dieser Selbsterkenntnis neuen Mut zu schöpfen und den Willen zum Handeln zu entwickeln. Heinens Rezept hierzu liest sich wie ein Kanon klassischer liberaler Tugenden und Werte, ergänzt um soziale Einsprengsel: Eigentum und Verantwortung in Verbindung mit der Möglichkeit wirtschaftlicher Teilhabe im Sinne der Gelegenheit, das eigene Eigentum zu erweitern. Jenseits der individuellen Dimension brauche es Wettbewerb, mit dem schließlich „auf freien Märkten Mut konsequent geübt“ (114) werde. Wie Heinen sich dies genau vorstellt, erläutert er in den Kapiteln 5 bis 7. Ein Schlüsselelement dabei sei die Notwendigkeit einer „Wagniskultur“, in der der „Wert der Freiheit neu entdeck[t]“ (254) werden müsse ebenso wie ein Common Sense gegenüber „Angst, Hass und Rudelgefühle[n]“ (285). Diese seien weder redlich noch wünschenswert und resultierten aus der von Heinen unter Rückgriff auf Erich Fromm diagnostizierten „Furcht vor der Freiheit“ (272). Wie die Verbindung von Wagniskultur, Common Sense und zivilgesellschaftlichem Engagement als „Veränderung durch Hinschauen“ (302) konkret zustande kommen soll, erläutert Heinen nicht. Er liefert somit eher Slogans denn Konzepte, die zwar von Mut und Willen zeugen, aber an sich keine Lösungen darstellen.
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Rubrizierung: 3.23.5 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Nicolaus Heinen: Mut und Wille. Halle (Saale): 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38161-mut-und-wille_46373, veröffentlicht am 12.03.2015. Buch-Nr.: 46373 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken