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Armina Omerika

Islam in Bosnien-Herzegowina und die Netzwerke der Jungmuslime (1918-1983)

Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2014 (Balkanologische Veröffentlichungen. Geschichte, Gesellschaft und Kultur in Südosteuropa 54); XIII, 362 S.; 68,- €; ISBN 978-3-447-06582-5
Die Islamwissenschaftlerin Armina Omerika erzählt die – hierzulande nur kläglich aufgearbeitete – religionshistorische Entwicklung der Muslime in Bosnien nach. Sie schließt dabei nicht nur eine klaffende Forschungslücke, sondern trägt auch zum Verständnis für einen teils übersehenen europäischen Islam bei. Dies geht über die bisher übliche Nationalismusforschung der Balkanologie hinaus. Die alleinige Erforschung etwa der jugoslawischen Staatsstrukturen oder etwaiger politischer Entscheidungen et cetera als Erklärung der religiösen Wiederbelebung sei nicht hinreichend, schreibt die Autorin und fragt zu Recht, ob derartige Ansätze „nicht eine Geschichte der Muslime ohne Muslime konstruieren“ (5). Die von ihr dargestellten Religionsdiskurse relevanter muslimischer Akteure bieten Einblicke in die Entwicklungspfade eines facettenreichen bosnischen Islam, besonders in den Zeiten wechselnder politischer Rahmenbedingungen zwischen den Jahren 1918 bis 1983. Gesonderte Aufmerksamkeit wird dabei den jungmuslimischen Netzwerken ab dem Jahre 1942 gewidmet. Der chronologische Aufbau begünstigt die Nachvollziehbarkeit der historischen Entwicklungsprozesse. Muslimische Akteure standen dabei sowohl im diskursiven Austausch als auch in Konkurrenz zueinander. Dem loyalen „Staatsislam“, der sich immer wieder mit den staatlichen Autoritäten arrangieren konnte, wurde vonseiten des jungislamischen Netzwerkes Gegendiskurse eröffnet. Es wird aufgeschlüsselt, wie sich in den zwei Lebensperioden des Netzwerkes unterschiedliche Handlungsstrategien herauskristallisierten. Nach den Anfängen als illegale Widerstandsbewegung auf Massenbasis entwickelten sich die Jungmuslime später zu einem intellektuellen Projekt der sogenannten islamischen Wiedergeburt. Die Studie verdankt ihre Bedeutung vor allem der versierten Quellenarbeit. Die Recherche im Historischen Archiv Sarajevo, im Archiv des Kantonsgerichts Sarajevo sowie die reichhaltigen weiteren Primärquellen stellen die Untersuchung auf ein solides wissenschaftliches Fundament und machen das Gesamtwerk zu einer unverzichtbaren Referenzgröße für diesen historisch‑islamwissenschaftlichen Forschungsschwerpunkt.
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Rubrizierung: 2.612.232.22 Empfohlene Zitierweise: René Neumann, Rezension zu: Armina Omerika: Islam in Bosnien-Herzegowina und die Netzwerke der Jungmuslime (1918-1983) Wiesbaden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38201-islam-in-bosnien-herzegowina-und-die-netzwerke-der-jungmuslime-1918-1983_42463, veröffentlicht am 26.03.2015. Buch-Nr.: 42463 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken