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Peter Schyga (Hrsg.)

Gewalt und Politik. Studien zu Nationalsozialismus und totaler Herrschaft

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Edition Gert Schäfer); 446 S.; brosch., 52,- €; ISBN 978-3-8487-1361-5
„Am Ende der Weimarer Republik waren alle herkömmlichen politischen Kräfte [...] ans Ende gelangt“ und es erfolgte die „Machtübergabe an den Nationalsozialismus“ (57). Warum ließen die demokratischen Kräfte dies geschehen? Gert Schäfer stellte schon in einem Vortrag von 1973 die Frage, mit der er sich sein Leben lang beschäftigen sollte: Wie kommt es zu totalitärer Herrschaft? Die Texte des Buches stammen aus dem Nachlass des 2012 verstorbenen Politikwissenschaftlers. Auf der Grundlage von Schäfers Vortragsmanuskripten und Notizen und ergänzt durch editorische Anmerkungen gibt Peter Schyga nun eine Sammlung bisher unveröffentlichter Texte heraus. In einer Vorlesung zum Thema „Eigenlogiken politischer Herrschaft: Cäsarismus – Bonapartismus – Faschismus“ (166) von 1981 sieht Schäfer eine klare Parallele: Die Konstellation, die Louis Napoléon Bonaparte an die Macht gebracht habe, sei den Umständen der Machtergreifung Hitlers oder Mussolinis zum Verwechseln ähnlich. Führergläubigkeit von Massenbewegungen sei in der Geschichte leider kein Einzelfall. Schäfer beschäftigte sich auch intensiv mit Hannah Arendts Totalitarismus‑Analysen, 1993 hielt er in Hannover eine Vorlesungsreihe unter dem Titel „Der Denkweg Hannah Arendts“. Während Arendt bei den Nazi‑Funktionären Heydrich und Eichmann festgestellt habe, dass diese keine Ideologen gewesen seien, sondern als totalitäre Technokraten gehandelt hätten, ist sich Schäfer bei Hitler und Stalin sicher, dass diese nicht nur „gemeine Mörder, Lügner und Intriganten mit unersättlicher Rachsucht, sondern ganz ohne Zweifel auch größenwahnsinnige Ideologen“ (426) gewesen seien. Im jüngsten Text des Buches erinnerte Schäfer 2003 an die Bücherverbrennungen der Nazis. Diese hätten einen Großteil der damals aktuellen Weltliteratur und wesentliche europäische Klassiker betroffen. Es habe sich damit um einen Kampf gegen die Aufklärung gehandelt, gegen Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, als Gegensatz zur „Menschenbeherrschung“ (428) im Faschismus.
{WDE}
Rubrizierung: 1.32.252.3112.3122.615.42 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Peter Schyga (Hrsg.): Gewalt und Politik. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38248-gewalt-und-politik_46542, veröffentlicht am 02.04.2015. Buch-Nr.: 46542 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken