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Wulf D. Hund

Negative Vergesellschaftung. Dimensionen der Rassismusanalyse

Münster: Westfälisches Dampfboot 2014; 209 S.; 2. Aufl.; 24,90 €; ISBN 978-3-89691-634-1
Über den Begriff Rassismus herrscht wissenschaftliche Uneinigkeit, sowohl was seine Definition als auch seine Reichweite angeht. Statt sich aber der Versuchung einer weiteren Idealtypisierung hinzugeben, nimmt Hund diese Diffusion zum Ausgangspunkt einer historisierenden Analyse. In dem bereits in der zweiten Auflage erscheinenden Werk entwickelt der Autor, der sich schon in vielerlei Publikationen als differenzierter Analytiker des Rassismus profiliert hat, Rassismus systematisch als eine spezifische Form der Vergesellschaftung. Zum einen wird der Rassismusbegriff damit aus seiner verkürzten Verbindung zur bloßen Rasse enthoben. Diese äußerst moderne Verknüpfung ist lediglich eine historisch spezifische Ausprägung der Wirkmechanismen rassistischer Vergesellschaftung, wie Hund an griechischen Klassikertexten ebenso wie der Aufklärung darzulegen versteht, deren Rassismen kultureller Natur sind. Zum anderen wird daran klar, dass die gesellschaftliche Funktion der rassistischen Exklusion der Stabilisierung hierarchischer Gesellschaften dient. Rassismus beinhaltet damit verschiedenste Ausschlussmechanismen, die eine Einheit unter den Ungleichen herstellen, „denn in einer ‚Sklavengesellschaft‘ gehörten nicht nur die Reichen, sondern auch die Armen zur ‚Herrenrasse‘“ (139). Diese Mechanismen zu historisieren bedeutet aber nicht, sie relativieren zu wollen, denn gerade in der Analyse zeigen sich deren strukturelle Gemeinsamkeiten, wie Hund anhand der zentralen rassistischen Epiphanien herausarbeitet, die auch die heutigen Rassismusdiskussionen wieder prägen. Rassistische Begründungsfiguren hierarchischer Herrschaft nimmt Hund dann am Beispiel der europäischen Aufklärung in den Blick, von ihrer Fortschrittskonzeption bis zum Sozialdarwinismus und dessen praktischer Umsetzung im Genozid. Als Element der Vergesellschaftung steht der Rassismus aber auch in wechselseitiger Beziehung zu weiteren Kategorien der Exklusion und Inklusion wie Klasse, Geschlecht oder Nation, deren unterschiedliche Verquickungen herausgearbeitet werden. Im Ergebnis entsteht so eine umfangreiche Analytik des Rassismus, die der historischen Spezifik seiner Ausprägungen ebenso wie der strukturellen Wirkmächtigkeit Rechnung trägt.
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Rubrizierung: 2.235.2 Empfohlene Zitierweise: Alexander Struwe, Rezension zu: Wulf D. Hund: Negative Vergesellschaftung. Münster: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38255-negative-vergesellschaftung_46691, veröffentlicht am 02.04.2015. Buch-Nr.: 46691 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken