Skip to main content
Claudia Ritzi

Die Postdemokratisierung politischer Öffentlichkeit. Kritik zeitgenössischer Demokratie – theoretische Grundlagen und analytische Perspektiven

Wiesbaden: Springer VS 2013 (Kritische Studien zur Demokratie); XIII, 297 S.; 34,99 €; ISBN 978-3-658-01468-1
Diss. HSU Hamburg; Begutachtung: G. S. Schaal, E. Richter. – Die zunehmende Ökonomisierung und Neoliberalisierung gesellschaftlicher Beziehungen in den vergangenen drei Jahrzehnten hat – bei gleichzeitigem Fortbestehen formaldemokratischer Institutionen – eine faktische Entmachtung der Bürger bewirkt; gleichzeitig kommt es zu einer wachsenden Dominanz weniger Eliten zum Zweck der (teils autoritären) Durchsetzung wirtschaftsfreundlicher Politiken: Das ist der Kern der Postdemokratisierungsthese, die insbesondere durch die Arbeiten von Colin Crouch an Einfluss gewonnen hat. Zumindest im deutschen Sprachraum weniger bekannt, aber ähnlich komplex sind die unabhängig davon entstandenen Ausarbeitungen zur Postdemokratie von Jacques Rancière und Sheldon Wolin. In einer der bisher umfassendsten systematischen Gegenüberstellungen dieser drei Ansätze zeigt Claudia Ritzi, dass sich – obwohl die Autoren an unterschiedliche theoretische Traditionen anknüpfen – von einem relativ „kohärenten Diskurs bzw. von dem Postdemokratie‑Diskurs sprechen“ (272) lässt. So nachvollziehbar die zentralen Aussagen der These sein mögen, so wenig wurden bislang konkrete Kriterien entwickelt, mit deren Hilfe sie (insbesondere vergleichend) theoretisch überprüfbar wäre. Ausgehend von der Annahme, dass eine Postdemokratisierung im hier identifizierten Sinne zwingend mit einem Strukturwandel der Öffentlichkeit einhergehen muss, entwickelt die Autorin deshalb ein Analysekonzept, mit dem sich die Qualität demokratischer Öffentlichkeit empirisch messen lässt. Grundlegend hierfür ist ein „concept tree“ (225), der aufbauend auf den drei Qualitätsmerkmalen Gleichheit, thematische Offenheit und Diskursivität operationalisierbare Komponenten und Variablen entwickelt. Während die Anwendung des Analyserasters zukünftigen Studien vorbehalten ist, lässt sich das Buch nicht nur als hervorragende Einführung in die Postdemokratie‑Debatte lesen. In einem konstruktiven Diskurs mit Theorien demokratischer Qualität sowie Studien zur politischen Öffentlichkeit liefert die Autorin zudem einen wertvollen Beitrag zur Debatte selbst sowie zur Diskussion über die gegenwärtige Transformation westlicher Demokratien im Allgemeinen.
{BW}
Rubrizierung: 2.25.415.42 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Claudia Ritzi: Die Postdemokratisierung politischer Öffentlichkeit. Wiesbaden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38263-die-postdemokratisierung-politischer-oeffentlichkeit_45213, veröffentlicht am 09.04.2015. Buch-Nr.: 45213 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken