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Tina Kwiatkowski-Celofiga

Verfolgte Schüler. Ursachen und Folgen von Diskriminierung im Schulwesen der DDR

Göttingen u. a.: Vandenhoeck & Ruprecht 2014 (Schriften des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung 54); 439 S.; geb., 69,99 €; ISBN 978-3-525-36966-1
Diss. Augsburg; Begutachtung: A. Wirsching, E. Matthes. – Die Autorin will „jene Gruppe von Schülern […] untersuchen, welche vom SED‑Regime aus politischen Gründen in ihrer beruflichen und persönlichen Entwicklung benachteiligt“ (10) wurde. Dieses Vorhaben hätte durchaus in eine ertragreiche Analyse münden können, zumal Tina Kwiatkowski‑Celofiga die entsprechenden Akten der Rehabilitierungsbehörde des Sächsischen Landesamtes für Familie und Soziales eingesehen hat. Aber leider krankt diese Dissertation an mehreren Schwächen, sodass insgesamt von einer Lektüre abzuraten ist: Zunächst fällt die fehlende Anbindung an wenigstens einen theoretischen Zugang auf, wodurch der Blick auf den Untersuchungsgegenstand unscharf bleibt. Es befremdet zudem, dass die Autorin die Aussagen und Ziele des Regimes als gesetzt annimmt. So schreibt sie von dem Anspruch der SED‑Führung, „einen neuen Menschen zu formen“, ohne dieses Gedankenkonstrukt unter Hinweis auf die Literatur auszuführen und in seiner Umsetzung, so sie denn stattgefunden hat, zu hinterfragen. Stattdessen heißt es schlicht, dass „entsprechend den ideologischen Vorgaben einer wissenschaftlichen Weltanschauung erzogen werden sollte“ (13). Diese analytische Oberflächlichkeit paart sich mit schon als peinlich zu nennenden Sätzen wie diesem: „Seit dem Bau der Mauer verstärkte sich das Gefühl in Teilen der DDR‑Bevölkerung, in ihren Freiheiten beschränkt zu sein.“ (205) Am Ende des betreffenden Absatzes wird als einzige Quelle für diese schwammige Aussage eine Veröffentlichung des Bundesministeriums für Gesamtdeutsche Fragen von 1961 aufgeführt – womit das nächste Problem in den Blick rückt: Die eingearbeitete Literatur stammt zu einem großen Teil aus den 1990er‑Jahren, die jüngste zitierte Veröffentlichung ist von 2008 – im Buch selbst aber ist kein Wort dazu zu finden, dass die Abfassung der Dissertation Jahre zurückliegen muss und damit zum Zeitpunkt ihrer Publikation keineswegs den Forschungsstand spiegelt. Schließlich: Die Basis der Studie ist angesichts der Anzahl der ausgewerteten Akten aus drei DDR‑Bezirken schmal und leider wurde dieses Manko nicht in eine wenigstens lebendige Schilderung von einzelnen Schicksalen umgearbeitet. Kurzum, wer am Themenbereich Schule und Erziehung in der DDR interessiert ist, sollte besser zu „Vorwärts zum neuen Menschen“ von Emmanuel Droit (siehe Buch‑Nr. 45228) greifen.
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Rubrizierung: 2.314 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Tina Kwiatkowski-Celofiga: Verfolgte Schüler. Göttingen u. a.: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38331-verfolgte-schueler_46561, veröffentlicht am 23.04.2015. Buch-Nr.: 46561 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken