Carl Schmitt war ein erstaunlich produktiver Schreibender: Nach und nach werden nicht nur zahlreiche Briefwechsel, sondern auch die Tagebücher aus den verschiedenen Lebensperioden publiziert. Allerdings sind die hieraus zu gewinnenden Erkenntnisse tendenziell nicht dazu angetan, ihn (und erst recht nicht sein Werk) seinem Publikum näherzubringen. Im Gegenteil ist es eher erstaunlich, ärgerlich und ein wenig traurig zu sehen, wie sich in diesen persönlichen Notaten (hier feinsinnig als „Introspektionen“ bezeichnet) Banalitäten des alltäglichen Lebens mit ebenso banalen Beobachtungen und teilweise absurden Behauptungen (siehe etwa „Reflexionen über Othello“, 532) vermengen. Das gilt auch für diese Edition, die mit den Jahren von 1921 bis 1924 eine Zeit umfasst, in der der lange dem Selbstverständnis nach doch „Außenstehende“ sich akademisch‑institutionell etabliert, indem er nach einem ersten Ruf nach Greifswald im Jahre 1921 schon im darauffolgenden Jahr einen Ruf an die Universität Bonn erhält und annimmt. Für Schmittianer mag es interessant sein, seine persönlichen (auch hier wieder: Frauen‑)Geschichten im Detail und aus erster Hand nachzuvollziehen, für alle anderen Leser ist es indes wohl eher die direkte, umfangreiche und intensive Beschreibung dieser spezifischen Lebenswirklichkeit eines jungen Ordinarius zu Beginn der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, die an der Lektüre fasziniert. Bleibt nur zu ergänzen, dass sich durch den Verlagswechsel (vom Akademie Verlag zu Schmitts „Hausverlag“ Duncker & Humblot) erwartungsgemäß nichts an der gewohnten editorischen und der handwerklich‑buchgestalterischen Qualität geändert hat.