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Armin Kuhn

Vom Häuserkampf zur neoliberalen Stadt. Besetzungsbewegungen und Stadterneuerung in Berlin und Barcelona

Münster: Westfälisches Dampfboot 2014 (Raumproduktionen: Theorie und gesellschaftliche Praxis 19); 249 S. ; 24,90 €; ISBN 978-3-89691-974-8
Politikwiss. Diss. Potsdam. – Tolerant, grün, konsensorientiert, bürgernah, weltoffen und kreativ, diese Attribute sind laut Armin Kuhn aus den Leitbildern aktueller Stadtpolitik nicht wegzudenken. Ohne eine glaubhafte Demonstration dieser Eigenschaften werde inzwischen die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit von Städten als gefährdet betrachtet – damit seien die Kernforderungen der innerstädtischen sozialen Bewegungen der 1970er‑ und 1980er‑Jahre von Politik und Investoren übernommen worden. Die Ideale, für die Hausbesetzer einst kämpften, würden heute wirtschaftlich umgedeutet und so in ihr Gegenteil verkehrt, da in den so attraktiv gemachten Stadtvierteln die Mieten stiegen und alteingesessene Bewohner verdrängt würden. Demokratische Beteiligungsprozesse, die mühsam erkämpft worden seien, hätten wenig reale Bedeutung in der Planung und dienten vor allem der Befriedung von Protesten. Um sich gegen eine weitere Vereinnahmung durch die neoliberale Politik zu schützen, hätten Bewegungen wie „Recht auf Staat“ eine anti‑institutionelle Haltung entwickelt. Das größte Dilemma bleibe, dass „bunte, widerständige, irgendwie abweichende und damit besondere Orte“ (15), die von Aktivisten gefordert und erschaffen würden, eine perfekte Grundlage für die Aufwertungs‑Strategien des Stadt‑Marketings und der Immobilienfirmen darstellten. Kuhn legt außerdem dar, dass sich in den Protestnetzwerken wenig gering gebildete, arbeitslose oder arme Menschen finden. Die Bewegung sei kulturell und sozial wenig heterogen und verfüge damit über eine eingeschränkte Basis und Reichweite. Kuhn will mit seiner Arbeit Auswege aus diesen scheinbaren Dilemmata aufzeigen. Dazu schildert er die Geschichte der Besetzungsbewegungen in Berlin und Barcelona und ihre Rolle in der städtischen Erneuerung. Für erfolgreichen Kampf gegen die „neoliberale Stadt“ (228) im Zeichen der Wirtschaftskrise und Austeritätspolitik sei es für die Aktivisten nötig, „ihre ambivalent gewordenen Strategien und Identitätsentwürfe abschütteln [zu] können“ (228). Die Gruppen müssten sich stärker öffnen und Fragen der sozialen Gerechtigkeit wieder stärker fokussieren.
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Rubrizierung: 2.222.3312.212.3252.61 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Armin Kuhn : Vom Häuserkampf zur neoliberalen Stadt. Münster: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38411-vom-haeuserkampf-zur-neoliberalen-stadt_46551, veröffentlicht am 13.05.2015. Buch-Nr.: 46551 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken