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Christian Postberg

Macht und Geld. Über die gesellschaftliche Bedeutung monetärer Verfassungen

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2013; 188 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-593-39863-1
Geld regiert die Welt. Diese scheinbar banale Alltagsweisheit konfrontiert Christian Postberg mit einer machttheoretischen Analyse der soziostrukturellen Bedeutung von Geld in verschiedenen historischen Verbreitungsformen. Der Autor kritisiert dabei, dass der Kernbegriff von Macht „bis heute nur unzureichend von mystisch‑transzendentalen Einflüssen befreit ist“ (170). Zu wenig sei in der Begriffsgeschichte bisher Macht als Beziehungsphänomen differenziert worden. Machtwandel als Veränderungsprozess könne so kaum erklärt werden. Demgegenüber habe der Soziologe Norbert Elias einen Begriffszugang gefunden, der über statische Machtanatomie hinausgehe und Macht als „Autonomie‑Abhängigkeitsrelation“ (171) verstehen lasse. Daher bevorzugt Postberg den präziseren Begriff der Machtbalance. In diesem Kontext typisiert der Autor das Geld nach seiner jeweiligen historischen Funktion. Gestützt auf das Silber habe sich im 13. Jahrhundert in Europa das Vollgeld verbreitet. Nachdem Angebot und Nachfrage so monetär dokumentierbar geworden seien, sei die Transparenz im Handel gestiegen und damit seien differenziertere sowie stabilere Machtbeziehungen möglich geworden. Davon hätten aber vor allem die obersten Lehnsgeber profitiert, während sich die Belastung der Bauernschaft oft noch vergrößert habe. Gleichzeitig hätten sich aber die Beziehungen zwischen zentralen Herrschern und ihren Untergebenen von einer repressiven zu einer eher geschäftlichen Form gewandelt. Kreditgeld in der heutigen digitalisierten Form habe eigene folgenreiche Nachteile, da die Kreditsumme auf der Angebotsseite unbeschränkt vergrößert werden könne, unabhängig vom Sparwillen der Menschen. Banken würden mit ihrer exklusiven Möglichkeit der Kreditgeldschöpfung systemisch privilegiert, so Postberg. Durch das Kreditgeld werde die Rentierposition gegenüber der Verdienerposition zunehmend besser gestellt. Ein „Preis für Geld“ (174) könne nicht mehr durch Marktmechanismen ermittelt werden. „Nicht einmal das ökonomischste aller Objekte fungiert gemäß eines orthodoxen Gleichgewichts‑ und Marktglaubens.“ (178) Der Autor resümiert, dass ein starker Zusammenhang zwischen der Art des Geldes in einer Gesellschaft und ihrer Machtbalance besteht. Dieser Zusammenhang werde von der Sozialwissenschaft aktuell sträflich vernachlässigt.
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Rubrizierung: 5.455.422.2 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Christian Postberg: Macht und Geld. Frankfurt a. M./New York: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38437-macht-und-geld_46385, veröffentlicht am 21.05.2015. Buch-Nr.: 46385 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken