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Francesca Raimondi

Die Zeit der Demokratie. Politische Freiheit nach Carl Schmitt und Hannah Arendt

Konstanz: Konstanz University Press 2014; 222 S.; 27,90 €; ISBN 978-3-86253-047-2
Diss. Frankfurt a. M.; Begutachtung: C. Menke. – In der politischen Theorie und Philosophie wird seit der Debatte um postdemokratische Zustände immer wieder das Verhältnis von Kapitalismus und Demokratie betrachtet. Während Autoren wie Alain Badiou Demokratie als unentwirrbar verwoben mit kapitalistischen Verhältnissen sehen und die negative Konnotierung aus der Antike betonen, interveniert Francesca Raimondi in diese Debatte und fragt, was Demokratie und demokratische Praktiken eigentlich sind – oder anders ausgedrückt: Womit haben wir es eigentlich zu tun, wenn wir Demokratie nicht sofort mit einem institutionellen Gefüge wie dem Parlamentarismus oder einem ökonomischen System wie dem Kapitalismus gleichsetzen? Zum einen arbeitet Raimondi aus den Schriften von Carl Schmitt die Idee der Volkssouveränität heraus und kommt zu dem Schluss, dass der (politische) Volksbegriff ebenso reformuliert werden müsse wie der dezisionistische Akt der Selbstgesetzgebung. Daher knüpft Raimondi im nächsten Schritt an Hannah Arendt und ihre Konzeption vom Handeln und Urteilen als plurale Konzeption demokratischer Politik an, die nicht ein Volk oder staatliche Gebilde voraussetzt. Arendt reflektiert jedoch kaum die inhärenten Grenzziehungen dieses pluralen Gemeinschaftskonzepts. Raimondi zeigt in ihren Rekonstruktionen gekonnt, dass die vermeintlich gegensätzlichen Ansätze von Schmitt und Arendt durchaus produktiv miteinander korrespondieren können und sich daran anschließen lässt. Dies tut sie dann auch im dritten Teil, wenn sie über aktuelle theoretische Anknüpfungspunkte schreibt. Sie setzt sich dabei mit den (Gründungs‑)Narrativen der Demokratie auseinander, fragt nach dem exklusiven Charakter von demokratischen Institutionen und nimmt schließlich das Subjekt demokratischer Politik in den Blick, das sich nie wirklich als (politisches) Subjekt konstituiert, so Raimondi, sondern stets als konstituierend betrachtet werden sollte. Ein Zeichen der Demokratie sollte es nämlich sein, reflexiv seine politischen Grenzen und die Grenzen des Demos verändern und verschieben zu können. So resümiert sie, dass „die Demokratie keine feststehende politische Form [sei]“, sondern als „ein allgemeiner Aufruf zur Befreiung“ (209) verstanden werden könne, um Freiheit und Gleichheit zu realisieren – eine durchaus kämpferische Ansage in Zeiten postdemokratischer Verhältnisse.
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Rubrizierung: 5.415.46 Empfohlene Zitierweise: Stefan Wallaschek, Rezension zu: Francesca Raimondi: Die Zeit der Demokratie. Konstanz: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38446-die-zeit-der-demokratie_46766, veröffentlicht am 21.05.2015. Buch-Nr.: 46766 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken