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Patrick Schreiner

Unterwerfung als Freiheit. Leben im Neoliberalismus

Köln: PapyRossa Verlag 2015; 127 S.; 11,90 €; ISBN 978-3-89438-573-6
Auch in scheinbar trivialen Bereichen wie der Esoterik, der Lebensberatung oder in Castingshows hinterlassen die allgemeinsten gesellschaftlichen Verhältnisse ihre Spuren. Das gilt insbesondere dann, wenn diese Verhältnisse eine gesellschaftlich hegemoniale Stellung beanspruchen – wie der Neoliberalismus seit den späten 1970er‑Jahren. Dieser ideologischen Spur des Neoliberalismus geht der Gewerkschafter und Publizist Patrick Schreiner nach, indem er zunächst dessen Genese und Programmatik darstellt. Obwohl es sich dabei um keine ausgearbeitete Theorie neoliberaler Vergesellschaftung handelt, wird deutlich, dass die Durchsetzung, Absicherung und Verbreitung marktförmiger Beziehungen mit einer Moral negativer individueller Freiheit und Anerkennung durch Leistung verbunden ist, die das Individuum zu einer bestimmten Form der „Regierung des Selbst“ (Foucault) anstiftet. Diese Darstellung des Neoliberalismus nutzt Schreiner indes nicht zum Nachweis, „dass er wirtschaftspolitisch nicht funktioniert, dass er sozialpolitisch verheerende Folgen hat“ (8), sondern als Bezugsrahmen für eine Phänomenologie des neoliberalen Alltags. In acht gut lesbaren, teils etwas feuilletonistischen Skizzen widmet sich Schreiner verschiedenen Themengebieten wie beispielsweise der gegenwärtigen Ratgeber‑ und Motivationsliteratur. In der ständigen Arbeit an der eigenen positiven Einstellung, die einer Veränderung allgemeiner Verhältnisse längst entsagt hat und Erfolg wie Misserfolg individualisiert, erkennt er zu Recht ein evangelikal‑religiöses Erbe. Im Sport, vor allem seinen wettkämpferischen Formen, werde diese Verehrung individuellen Erfolgs besonders augenfällig. Aber nicht nur die sportliche Tätigkeit selbst, sondern auch ihre Organisationsformen wie der zunehmend von Großinvestoren finanzierte Fußball unterwerfen sich dem Diktat verallgemeinerter Konkurrenz. Eine Stärke von Schreiners Analysen ist die Einbindung von populären Filmtiteln, Websites und Werbekampagnen, in denen sich ideologische Elemente anschaulich verdichten.
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Rubrizierung: 5.435.45 Empfohlene Zitierweise: Clemens Reichhold, Rezension zu: Patrick Schreiner: Unterwerfung als Freiheit. Köln: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38452-unterwerfung-als-freiheit_47039, veröffentlicht am 21.05.2015. Buch-Nr.: 47039 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken