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Claudia Landwehr / Rainer Schmalz-Bruns (Hrsg.)

Deliberative Demokratie in der Diskussion. Herausforderungen, Bewährungsproben, Kritik

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Schriftenreihe der Sektion Politische Theorie und Ideengeschichte in der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft 28); 451 S.; brosch., 84,- €; ISBN 978-3-8487-1543-5
Im Kontext der Demokratietheorie prägen deliberative Konzeptionen – in Abgrenzung von Positionen des klassischen Liberalismus einerseits und des Republikanismus andererseits – seit gut 20 Jahren die Debatte. Unter normativen Gesichtspunkten scheint ein Modell, das die Idee der Selbstregierung mit einem verständigungsorientierten Modus der Entscheidungsfindung verbindet, den Herausforderungen moderner, von Differenzierungs‑ und Migrationsprozessen bestimmten Gesellschaften am ehesten gerecht zu werden. In der mittlerweile stark aufgefächerten Diskussion sind die „Spannungen zwischen den epistemischen und moralisch‑egalitären Polen des Modells“ (8) immer wieder problematisiert worden. Die Autor_innen greifen den Stand der Debatte in vier Themengruppen auf. Mit Blick auf die normativen Grundlagen deliberativer Politik rücken zunächst ihre rationalitätstheoretischen Prämissen in den Fokus. Dabei geht es um die epistemische Bedeutung des parlamentarischen Prozesses, Mechanismen demokratischer Handlungskoordination und den Status, der Gründen in Deliberationen zukommt. In der zweiten Gruppe von Beiträgen werden in sehr anregender Weise Aspekte empirischer Deliberationsforschung erörtert; das betrifft das Verhältnis von verfassten und informellen Öffentlichkeiten aus praktikentheoretischer Perspektive, das Legitimationspotenzial von Mini‑Publics und methodologische Probleme einer empirischen Messung von Deliberation. Grenzen des deliberativen Demokratiemodells in Bezug auf kulturelle Pluralität und soziale Ungleichheit sind das Thema der dritten Gruppe von Beiträgen. Die deutliche Kritik richtet sich dabei teils gegen exkludierende Effekte von Deliberationsanforderungen gegenüber zivilgesellschaftlichen Öffentlichkeiten, teils gegen eine mindestens implizite Begünstigung von Mittelschichteninteressen durch deliberative Verfahren. Im abschließenden Teil setzten sich Jürgen Neyer sowie Nicole Deitelhoff und Thorsten Thiel mit der zweifellos herausfordernden Frage auseinander, ob und wie Grundsätze deliberativer Demokratietheorie auf eine postnationale Konstellation übertragen werden könnte
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Rubrizierung: 2.25.413.25.46 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Claudia Landwehr / Rainer Schmalz-Bruns (Hrsg.): Deliberative Demokratie in der Diskussion. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38690-deliberative-demokratie-in-der-diskussion_46707, veröffentlicht am 30.07.2015. Buch-Nr.: 46707 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken