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Ursula Scheiber

BERGeLEBEN. Naturzerstörung – Der Alptraum der Alpen. Eine Kritik des Tourismus im Tiroler Ötztal

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2015 (Beiträge zur Dissidenz 29); 368 S.; geb., 46,70 €; ISBN 978-3-631-65157-5
„Das Leben in den Bergen wurde und wird gestört, der Berg selbst beschädigt und zerstört“, schreibt die österreichische Politologin Ursula Scheiber. Mit der „‚Logik‘ des ‚ewigen‘ Wachstums“ seien die „Macher und Profiteure angetreten, alle blindlings in den Abgrund zu führen“ (335), denn sie versuchten, eine neue, künstliche Ersatznatur zu erreichen, sodass die natürlichen Grundlagen für das Leben in den Bergen abgeschafft würden. Mithilfe von neuen touristischen Projekten in den Alpen – die Autorin konzentriert sich in ihrer Untersuchung auf das Tiroler Ötztal – vollziehe sich eine „brutale Transformation und dadurch Zerstörung der Bergnatur, geleitet durch Interessen des Fortschritts und des Kapitals“ (14). Als ein Beispiel für dieses Vorgehen nennt die Autorin eine Schneemaschine, die selbst bei hohen Temperaturen noch Kunstschnee herstelle. Unweit davon sei ein Areal für den größten Speichersee Tirols ausgebaggert und der Seeboden asphaltiert worden, „eine Neuheit, was die Dimension und Auswahl des extremen Standortes auf fast 3.000 m Seehöhe betrifft“ (19) – gefüllt werde der See aus Gletscherwasser, das in Zeiten des Klimawandels ausreichend vorhanden sei. Aus der Perspektive der Kritischen Patriarchatstheorie blickt Scheiber auf die geschilderte Entwicklung, um die Veränderung des Verhältnisses zur Natur von einem „freundlich‑verbundenen zu einem feindlich‑entfremdeten als einen kontinuierlichen Prozess der Patriarchalisierung zu analysieren“ (24). Anstelle der von ihr als „zerstörerisch und ausbeuterisch“ bezeichneten Formen des Wirtschaftens empfiehlt sie solche, die gemeinwirtschaftlich ausgerichtet sind, die die „Nutzungsgrenzen und Besonderheiten sowie Naturzyklen der Bergnatur sowie die natürlichen Gegebenheiten“ (346) respektieren und entsprechend danach wirtschaften. So hält sie beispielsweise Subsistenz für eine geeignete Lebens‑ und Wirtschaftsweise und rekurriert auf Vandana Shivas Idee von der „Bedarfswirtschaft oder ‚Bedürfnis‑Befriedigungswirtschaft‘“ (324). Allerdings gibt es nach Meinung Scheibers kein Patentrezept, keine schnelle und einfache Lösung für die aktuelle Krisensituation der Natur. Jedenfalls bilde die Verflechtung der beiden Begriffe „BERG und LEBEN als ‚BERGeLEBEN‘ [so auch der Titel] die grundlegende Botschaft“ (346) für die Zukunft.
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Rubrizierung: 2.612.22.2612.262 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Ursula Scheiber: BERGeLEBEN. Frankfurt a. M. u. a.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39064-bergeleben_46855, veröffentlicht am 12.11.2015. Buch-Nr.: 46855 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken