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Joseph Stiglitz

Der Preis der Ungleichheit. Wie die Spaltung der Gesellschaft unsere Zukunft bedroht. Aus dem amerikanischen Englisch von Thorsten Schmidt

München: Pantheon 2014; 541 S.; 14,99 €; ISBN 978-3-570-55240-7
Joseph Stiglitz zählt neben Paul Krugman zu den prominentesten Vertretern der Anti‑Mainstream‑Ökonomen. Viele seiner Positionen werden oft und prominent auch in deutschen Medien zitiert. Insofern liefert der Band keine grundlegend neuen innovativen Analysen. Es ist vielmehr die Kompaktheit, Verständlichkeit und die zum Teil breite empirische Unterfütterung seiner Argumentationen, die das Buch für Stiglitz‑Fans lesenswert machen. Manche etwas plakative Vereinfachung wird dafür in Kauf genommen, aber durch die eigene Klassifizierung des Buches als „populärwissenschaftlich“ (24) gerechtfertigt. Den Ausgangspunkt bildet die Frage, „weshalb das amerikanische Wirtschaftssystem aus Sicht der meisten Amerikaner versagt, warum die Ungleichheit so stark zunimmt und welche Folgen dies hat“ (12). Dabei fällt Stiglitz‘ Urteil für die Politik wenig schmeichelnd aus: „Auch wenn grundlegende ökonomische Kräfte im Spiel sein mögen – die Politik hat den Markt so gestaltet, dass die Reichen auf Kosten der Übrigen begünstigt werden“ (21). Amerika bezeichnet Stiglitz als das „ökonomisch am tiefsten gespaltene Industrieland“ (34). So müsse die in Reagan‑Zeiten populär gewordene „Trickle‑down‑Theorie“, wonach durch eine Wohlstandsmehrung der Reichen automatisch auch etwas für die weniger Begüterten abfalle, dahingehend korrigiert werden, dass „die Vermögenszuwächse der Reichen [...] auf Kosten der Armen“ (35) gingen. Stiglitz erklärt die Ursachen und Entstehungsverläufe sozialer Ungleichheiten, geht auf die Rolle der Märkte dabei ein und problematisiert die Gefahren dieser Entwicklungen für die Demokratie und Rechtstaatlichkeit. Der holistische Ansatz der Analyse wird darin erkennbar, dass Stiglitz in diesem Kontext auch die Rolle des Staatshaushalts und der Zentralbank beleuchtet, der er eine makroökonomische Politik „von dem einen Prozent für das eine Prozent“ (311) vorwirft. Seine Vorstellungen für eine andere Gesellschaft gewinnen ihre Bedeutung vor allem durch die Prominenz ihres Autors – sind aber ansonsten wenig neu. So müsse die „überzogene Risikobereitschaft der Finanzinstitute“ (347) gezügelt, der „Wettbewerb im Bankensektor und unter den Kreditkartenunternehmen“ gestärkt, Bonussysteme verboten und „Offshore‑Bankplätze“ (348) geschlossen werden. Für die verbleibenden 99 Prozent fordert Stiglitz einen erleichterten „Zugang zum Bildungssystem“ (354), eine „Krankenversicherung für alle“ (355) und eine „Rückkehr zur Vollbeschäftigung“ (358) – kurz: einen neuen Gesellschaftsvertrag und ein „nachhaltiges, verteilungsgerechtes Wachstum“ (363). Die deutsche Erstausgabe erschien 2012 im Siedler Verlag.
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Rubrizierung: 2.642.22.222.232.2622.2634.43 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Joseph Stiglitz: Der Preis der Ungleichheit. München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39140-der-preis-der-ungleichheit_46529, veröffentlicht am 03.12.2015. Buch-Nr.: 46529 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken