Sozialwissenschaftliche Denkweisen. Eine Einführung
„Wir vertrauen auf das Vertrauen, dass es gelingt, Einsicht in und Verständnis für die Eigenart des Sozialen und auf diesem Weg für die ‚Grundlagen sozialwissenschaftlicher Denkweisen‘ zu erzielen.“ Damit ist das Programm dieses sehr ambitionierten und engagiert geschriebenen Lehrbuches umschrieben: Es geht um Vermittlung der wichtigsten Ansätze und einschneidenden Weichenstellungen sozialwissenschaftlichen Denkens für „die Evokation wissenschaftlicher Imaginationskraft“ (11). Zunächst werden sieben zentrale Erkenntnisstrategien diskursiv vorgestellt: objektivistische, evolutionistische, strukturfunktionalistische, pragmatistische, sozialkonstruktivistische, phänomenologische und kommunikationstheoretische. Jeweils stehen die Fragen nach dem Sinn, der Perspektive, dem Sozialen als einem Wert sui generis, der Konstitution von Gesellschaft und weitere im Blickpunkt. Dabei gehen Friedhelm Kröll und Karin Stögner von der Offenhaltung in der sozialwissenschaftlichen Begriffs‑ und Theoriebildung aus, Theorienmonopole oder Methodenimperialismen werden als inadäquat markiert. In einem zweiten Schritt wird die Frage nach der Abgrenzung und Berührungstendenzen von beziehungsweise mit den Natur‑, den Geistes‑ und den historischen Wissenschaften erörtert. Auch wird in diesem Kapitel die spezifische Gegenständlichkeit der Sozialwissenschaften, umschrieben in dem Bedingungsverhältnis von Gesellschaft und Individuum, behandelt, wobei das Individuum in Wechselwirkung zur Gesellschaft gesehen wird. Das umfangreiche Abschlusskapitel liefert exemplarisch eine problemkritische Darstellung der sozialwissenschaftlichen Grundbegriffe in antinomischer Form: Handeln und Norm, Institution und Kultur, Struktur und Funktion, Macht und Herrschaft, Konflikt und Wandel. Dieses Kapitel dient der Aufgabe, „in das Gewebe der Begrifflichkeiten“ (127) einzuführen. Dabei wird besonderer Wert auf die Prozesshaftigkeit in der Begriffsbildung gelegt. Man vermisst lediglich eine spezielle Erörterung des Begriffs der Ideologie und die damit zusammenhängenden Konnotationen. Insgesamt, so Kröll und Stögner, müssten der Eigenstrukturiertheit der Sozialwissenschaften Bezüge zu einer modernen philosophischen Anthropologie vorausgehen – wie überhaupt sozialwissenschaftliches Arbeiten ohne philosophische Reflexion undenkbar sei.