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Maik Reichel / Hermann Otto Solms / Stefan Zowislo (Hrsg.)

Reformation und Politik. Europäische Wege von der Vormoderne bis heute. Hrsg. im Auftrag der Deutschen Gesellschaft e.V., der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Staatlichen Geschäftsstelle "Luther 2017"

Halle (Saale): Mitteldeutscher Verlag 2015; 399 S.; brosch., 14,95 €; ISBN 978-3-95462-444-7
Am 31. Oktober 2017 wird sich der Thesenanschlag Martin Luthers zum 500. Mal jähren. Zur Vorbereitung dieses Jubiläums hat die Evangelische Kirche in Deutschland eine Veranstaltungsreihe, die „Lutherdekade“ (2008‑2017), ins Leben gerufen. In deren Rahmen organisierten die Landeszentrale für politische Bildung Sachsen‑Anhalt und die Deutsche Gesellschaft e. V. im Oktober 2014 eine Tagung in Berlin, die Wissenschaftlern, Kirchenrepräsentanten und Politikern die Möglichkeit bot, das Spannungsverhältnis zwischen Reformation und Politik zu beleuchten und auf Entwicklungen hinzuweisen, die durch die Reformation in Gang gesetzt wurden und bis heute relevant sind. In diesem Kontext thematisiert Oliver Hidalgo verschiedene Konzepte, die die Komplexität im Verhältnis von Politik und Religion in der Moderne aufzeigen. So spricht er von „vielen Orten der Religion“ (67), die durch einander ergänzende, „vielfältige zeitgenössische Theoriemodelle (Säkularisierung, Sakralisierung, Zivilreligion, politische Theologie, säkulare Religion und Marktmodell) erfasst werden können“ (73). Das wesentliche Kennzeichen „der religiös‑politischen Verfassung“ sieht er darin, dass die genannten Phänomene synchron auftreten. Die Reformation bewertet er als den „Kristallisationspunkt […], von dem aus sich das Verhältnis zwischen Politik und Religion in der Moderne neu justiert hat. Dass sich in der Folge […eine] Vielfalt religiös‑politischer Orte etabliert“ (72) habe, stehe damit in unmittelbarem Zusammenhang. Den „Versuch eines Brückenschlags von der Reformation zu Verfassung und Recht von heute“ unternimmt Heiner Lück und nennt „Assoziationen zwischen Reformation und moderner Rechts‑ und Verfassungsordnung“, wie etwa, dass der Staat als ausschließlicher „Gerichtsherr“ (118) fungiert, die „Toleranz als Staatsprinzip“ (122) gilt oder die Möglichkeiten, die die Reformation „für eine Verbesserung der Rechtsstellung von Frauen“ (125) eröffnete. Besteht ein „Zusammenhang zwischen der Reformation und der Formierung des säkularen Staates?“ (301) Horst Dreier bejaht dieses: „Für die Entstehung des Staates im 16./17. Jahrhundert kommt der Reformation […] eine entscheidende Katalysatorrolle zu“ – obwohl er sich nicht sogleich „als weltanschaulich neutraler Wächter über den konfessionellen Bürgerkriegsparteien und somit als säkularer Staat etabliert“ habe. Am Beginn der Staatsbildung habe „die Konfessionalisierung, nicht die Säkularisierung des politischen Gemeinwesens“ (346) gestanden.
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Rubrizierung: 2.612.222.235.412.32.352.2 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Maik Reichel / Hermann Otto Solms / Stefan Zowislo (Hrsg.): Reformation und Politik. Halle (Saale): 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39332-reformation-und-politik_47026, veröffentlicht am 04.02.2016. Buch-Nr.: 47026 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken