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Antoine Vitkine

Hitlers "Mein Kampf". Geschichte eines Buches. Aus dem Französischen von Sabine Hedinger, Sabine Schneider und Christian Stonner

Hamburg: Hoffmann und Campe 2015; 218 S.; 16,99 €; ISBN 978-3-455-50395-1
Das auslaufende Urheberrecht für „Mein Kampf“ brachte in den vergangenen Monaten zahlreiche Veröffentlichungen hervor, darunter diese Übersetzung des 2009 in Frankreich erschienenen Buches von Antoine Vitkine. Deutlich bemerkt man auch noch in der deutschen Fassung dessen Hintergrund als Journalist und Regisseur. So schreibt Vitkine oft szenisch, teils auch etwas bombastisch, etwa über das „gewaltstrotzende Plädoyer mit apokalyptischen Anklängen“ (9) und Hitlers Zusammentreffen mit dem „schweren, giftigen Elixier des Nationalismus“ (22). Der Autor will kein Psychogramm oder eine Biografie Hitlers vorlegen; er interessiert sich für die Geschichte, Entstehung und Verbreitung des Buches. So zeigt Vitkine sich überzeugt, dass zur Entstehungszeit von „Mein Kampf“ – Hitlers dreizehnmonatiger Haft in Landsberg – dessen prinzipiellen Überzeugungen feststanden und sich diese „bis zu seinem Tod“ (30) auch nicht fortentwickelten. Er widmet sich Hitlers Aufstieg in München und beschreibt, dass das „Standardwerk des Nationalsozialismus“ (10) bereits vor 1933 zahlreiche Käufer fand. Ab 1933 wurden zudem vom Verlag die Übersetzungsrechte in vierzehn Länder verkauft. Das Werk wurde dabei „von ganzen Passagen gesäubert, die sich auf die Außenpolitik beziehen“ (96); Rassenhygiene und Anfeindungen gegen Juden oder Schwarze seien hingegen in der Regel nicht zensiert worden. Gleich in mehreren Kapitel befasst sich Vitkine mit dem in „Mein Kampf“ am heftigsten angefeindeten Land: Frankreich. Der Zeit nach dem Krieg widmet der Autor etwa ein Drittel seines Buches. Anknüpfend daran, dass „Mein Kampf“ auch als Beweismittel im Prozess von Nürnberg genutzt wurde, stellt sich für ihn die Frage „nach der Kollektivschuld der Deutschen wie die der persönlichen Verantwortung von Millionen potenziellen Lesern“ (186). Vitkine, der scheinbar gegen eine Kommentierung des Textes, nicht aber gegen dessen Veröffentlichung ist, hinterfragt zudem die Gründe für Tabuisierung und Verbot in Deutschland. So schreibt er unter anderem über einen Besuch beim Bayerischen Staatsministerium für Finanzen, hatte doch der Freistaat als Rechteinhaber seit 1945 eine Weiterverbreitung zu verhindern versucht. Solche Passagen sind dann vollends journalistisch, aber lesenswert. Problematisch ist vielmehr, dass Vitkine, wenn er sich auf Erinnerungen von Zeitzeugen stützt, den Wahrheitsgehalt solcher Selbstzeugnisse nicht ausreichend hinterfragt. Zudem macht er teilweise keine Quellenangaben für Zitate oder Umfragedaten.
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Rubrizierung: 2.3122.352.23 Empfohlene Zitierweise: Frank Kaltofen, Rezension zu: Antoine Vitkine: Hitlers "Mein Kampf" Hamburg: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39389-hitlers-mein-kampf_47949, veröffentlicht am 11.02.2016. Buch-Nr.: 47949 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken