Skip to main content
Daniel Bultmann

Bürgerkriegstheorien

Konstanz/München: UVK Verlagsgesellschaft 2015; 260 S.; 36,- €; ISBN 978-3-86764-597-3
Daniel Bultmann legt das erste deutschsprachige Lehrbuch vor, in dem Bürgerkriege und die wissenschaftliche Forschung über sie umfassend thematisiert werden. Schon in der Einleitung zeigt er, welche Tücken bereits mit dem Versuch einer Eingrenzung und Bestimmung des Themas verbunden sein können. Der Autor bespricht zahlreiche unterschiedliche definitorische Versuche, für den Zweck seines Buchs lässt er dabei Begriffsbestimmungen, die quantitative Maßstäbe wie zum Beispiel die Zahl von Todesopfern anlegen, außen vor. Bewusst minimalistisch begreift er Bürgerkriege als „organisierte kollektive Gewalt [...], an der mindestens ein nicht‑staatlicher Akteur beteiligt ist“ (14) – Konflikte auch ohne Beteiligung staatlicher Akteure sind damit eingeschlossen. Bultmann gliedert seine Betrachtung von Bürgerkriegen nach drei Ordnungsprinzipien. Er beginnt zunächst mit Theorien, die Konflikte, die nach dem Ende des Kalten Kriegs ausgebrochen sind, zu erklären versuchen – historische Fälle von Bürgerkriegen sind daher ausgeblendet. Zudem folgen seine Kapitel einer grob chronologischen Ordnung und sind jeweils einzelnen Figuren und Mustern in der Analyse und Argumentation unterschiedlicher Erklärungsansätze gewidmet. Letztere reichen dabei von Phänomenen wie Gier über politische Ordnungen und Staatlichkeit hin zu Emotionen oder Kommunikation als Faktoren zur Erforschung und Erklärung von Bürgerkriegen. Im abschließenden Kapitel geht er unter dem Stichwort der Versicherheitlichung auf die Probleme der Bürgerkriegsforschung ein. Als Brücke dienen ihm dabei die dem Mainstream der Terrorismusforschung von kritischen Forscher_innen vorgeworfenen problematischen Tendenzen der Subdisziplin, die ihm zufolge auch auf die tieferliegenden Probleme der Bürgerkriegswissenschaft verweisen. Zu nennen sei das Urproblem der unscharfen Differenzierung und Abgrenzung der behandelten Phänomene – wer ist wann Terrorist, wann Rebell oder Widerstandskämpfer? Neben den berechtigten Zweifeln am tatsächlichen Ausmaß der Bedrohung durch den Terrorismus und der Frage, inwiefern Wissenschaft die Rolle des Lieferanten für staatliche Sicherheitsbehörden einnehme, existiere darüber hinaus auch das Problem der Instrumentalisierung des Terrorismusbegriffs zur moralischen Delegitimierung von Akteuren. Verstehe man (Un)Sicherheit als gesellschaftlich‑wissenschaftlichen Aushandlungsprozess, lasse sich eine die Konflikt‑ beziehungsweise Bürgerkriegsforschung dominierende Tendenz zugunsten der Versicherheitlichung feststellen. Sein Buch würde damit – so das fast zynische Urteil Bultmanns – „im Grunde zu einer Ansammlung versicherheitlichender Forschung“ (221).
{CPA}
Rubrizierung: 4.414.14.42 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Daniel Bultmann: Bürgerkriegstheorien Konstanz/München: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39403-buergerkriegstheorien_47684, veröffentlicht am 18.02.2016. Buch-Nr.: 47684 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken