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Josef Pilvousek

Die katholische Kirche in der DDR. Beiträge zur Kirchengeschichte Mitteldeutschlands

Münster: Aschendorff Verlag 2014; 457 S.; kart., 39,80 €; ISBN 978-3-402-13090-2
Josef Pilvousek, Theologe und emeritierter Professor für Kirchengeschichte an der Universität Erfurt, präsentiert insgesamt 33 Aufsätze, die bereits andernorts veröffentlicht wurden und in denen er die Rolle der katholischen Kirche in der SBZ/DDR beschreibt. Zunächst geht es um die Entstehung einer kleinen Diasporakirche, deren Zuwächse der Autor wesentlich mit Flucht und Vertreibung in Verbindung bringt. Sodann schildert er die Entwicklung von der „‚Flüchtlingskirche‘ zur katholischen Kirche in der DDR“ (9). Die Strukturen und die Spezifika für das Leben der Kirche im atheistischen Staat werden erklärt; außerdem wird an die Anfänge der ostdeutschen Bischofskonferenz und die Rolle der Bischöfe allgemein, die vatikanische Ostpolitik sowie die Situation der geteilten Bistümer am Beispiel von Fulda‑Erfurt erinnert. Ein umfangreicher Abschnitt ist den kirchlichen Funktionsträgern gewidmet und ein weiterer den Aktivitäten der Caritas. Sie unterhielt unter anderem 35 Krankenhäuser und elf Heime für „Nichtbildungsfähige“. Die caritativen Einrichtungen eröffneten der Kirche, nach Aussage von Kardinal Höffner, „‚die Möglichkeit eines Hineinwirkens in die Gesellschaft‘“ (303). Inwiefern haben Katholiken zur friedlichen Revolution beigetragen? Nach der Wende übten die Bischöfe Selbstkritik und benannten eigene Versäumnisse und Defizite – „Selbstschutz der Kirche, zu große Zurückhaltung, Mutlosigkeit sowie (Selbst‑)Täuschung der Amtsträger“ –, die vor allem im Vergleich zur evangelischen Kirche zu benennen seien. Es habe an einem „frühzeitigen, gemeinsamen öffentlichen Protest[…] der Bischofskonferenz gegen das politische System“ (393) gemangelt. Die Rolle der katholischen Kirche in der DDR insgesamt bewertet der Autor folgendermaßen: Sie „war keine oppositionelle Institution und kein Bollwerk des Widerstandes und wollte es nicht sein“, aber sie verhielt sich resistent gegenüber der staatstragenden Ideologie. Konflikte mit dem Staat und der SED wurden weitestgehend vermieden. Wenn auch das Verhalten der Kirchenvertreter „wenig mutig“ erscheint, sollte es nach Meinung Pilvouseks dennoch nicht als konformistisch angesehen werden. „Dass ‚trotz Anfechtung des Glaubens durch Ideologie und Säkularismus Gläubige in einer säkularen und ideologischen Diaspora ein Glaubenszeugnis abgelegt haben, das sich sehen lassen kann‘, qualifiziert manche Kritik am Weg der katholischen Kirche in der DDR als zu oberflächlich“ (429).
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Rubrizierung: 2.314 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Josef Pilvousek: Die katholische Kirche in der DDR. Münster: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39430-die-katholische-kirche-in-der-ddr_47020, veröffentlicht am 25.02.2016. Buch-Nr.: 47020 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken