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Ronald J. Pohoryles (Hrsg.)

Die Aktualität von Adam Smith

Marburg: Metropolis-Verlag 2015; 292 S.; 29,80 €; ISBN 978-3-7316-1149-3
Das Marktverständnis von Adam Smith ist wesentlich dasjenige der berüchtigten ‚unsichtbaren Hand’, jener „missinterpretierten Metapher“ (43), der Dominic Reichspfarrer und Matthias Sulz in diesem Band eine „kritische Exegese“ (44) widmen. Also sollte da doch mehr gewesen sein? Die Frage ist berechtigt, denn, wie Robert L. Heilbroner bereits 1987 festgestellt hat: Auf keinen Ökonomen werde so häufig Bezug genommen wie auf Adam Smith und keiner werde gleichzeitig so wenig gelesen. Der Smith, der sich bei genauerer Lektüre entdecken ließe, ist einer, der wenig gemein hat mit dem Marktradikalen, als der er so häufig ausgegeben wird. Wie der Herausgeber in seinem Beitrag ausführt, gründet Smiths ökonomische Position im Liberalismus, der seinerseits die gesellschaftliche, politische und ökonomische Kapazität des Individuums betone. Ausgehend von den hieraus resultierenden Konsequenzen für das Verhältnis von Staat, Markt und Gesellschaft habe Smith mit seiner Wirtschaftstheorie primär eine Kritik am zeitgenössischen Modell des staatsdirigistischen Merkantilismus formuliert: „Markteffizienz sieht Smith nicht nur als Mittel zum Zweck der Wohlstandsvermehrung der obersten Klassen an, sondern als Vermehrung des Wohlstands für Alle.“ (14) Damit sei Smith – entgegen immer noch vorherrschender Verzerrungen – keineswegs marktradikal. Vielmehr mache seine pragmatische, disziplinübergreifende Herangehensweise die Beachtung von jenseits der Ökonomie liegenden Bedingungen menschlichen Zusammenlebens geradezu unabdingbar. Eine Ökonomie ohne Moral, wie sie in der Wirtschafts‑ und Finanzkrise nach 2007 zu besichtigen gewesen sei, so Pohoryles, wäre für Smith angesichts der von ihm betonten „Notwendigkeit eines moralischen Rahmens“ (38) undenkbar. Wie ein solcher Rahmen aussehen könnte, zeigen Dominic Reichspfarrer und Matthias Sulz. Im Zuge ihrer detaillierten Analyse der Metapher von der unsichtbaren Hand kommen sie sehr überzeugend zu dem Schluss, dass Smith dezidiert auf eine gesamtstaatliche Verantwortung in den Bereichen Sicherheit, Infrastruktur und soziale Unterstützung hingewiesen habe, wobei er neuzeitliche Sozialstaatsmodelle nicht habe kennen können. Dennoch bleibe das Bild eines auf Ausgleich bedachten Ökonomen: „Als Vertreter einer vollständig freien Marktwirtschaft lässt sich Smith demnach nicht darstellen.“ (65) Der Band wurde von der ICCR‑Foundation gefördert, deren derzeitiger (2016) Vorsitzender der Herausgeber ist.
{LEM}
Rubrizierung: 5.335.432.63 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Ronald J. Pohoryles (Hrsg.): Die Aktualität von Adam Smith Marburg: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39658-die-aktualitaet-von-adam-smith_48116, veröffentlicht am 04.05.2016. Buch-Nr.: 48116 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken