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Zeynep Gulsah Capan

Decentering IR: Excavating Stories of International Relations

Erfurt: Universitätsbibliothek Erfurt 2015 (http://www.db-thueringen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-31208/capan_thesis_a.pdf); 244 S.
Diss. phil. Erfurt. – Postkoloniale Studien haben es sich zur Aufgabe gemacht, das Theorie‑ und Methodengebäude der Internationalen Beziehungen (IB) als eurozentristisch zu kritisieren und zu untersuchen, „where and how it works to marginalize and silence voices“ (208). Unterdrückte Perspektiven hörbar zu machen und damit den Kanon des Faches aufzuweichen ist das Ziel dieses Forschungsstrangs, in dem Zeynep G. Capan ihre Dissertation verortet. Sie verfolgt darin die Strategie, den Begriff der Geschichte (history) und die Geschichtsschreibung (historiography) in den IB als einen Mechanismus zu enttarnen, der spezifische Geschichten (stories) konstruiert und dabei mögliche andere Interpretationen des Vergangenen ausschließt. Am Beispiel der Türkei zeigt die Autorin, dass die Dominanz westlicher Konzepte nicht allein dem westlichen Wissenschaftsbetrieb anzulasten ist, sondern die (nicht‑westliche) Peripherie ihren eigenen Teil dazu beiträgt – „the process of centering is not only one of imposition but also one of complicity“ (65). Nach zwei einführenden Kapiteln zum Geschichtsbegriff und seiner vermeintlich neutralen Verwendung in den IB widmet sich Capan im Hauptteil ihrer Arbeit in zwei Abschnitten den „historiographical operations on the Cold War and the manner in which these are re/produced in the Turkish context“ (8). Diskurstheoretisch wird türkische und westliche Literatur daraufhin untersucht, wie sie das etablierte Staats‑ und Sicherheitskonzept der IB und ihre lineare Erzählung des Kalten Krieges reproduziert. In ihr werde vor allem die Perspektive US‑amerikanischer Außenpolitik eingenommen, während eigene Erzählweisen „were only embedded into the larger story […] thereby strenghtening the story of the Cold War rather than questioning or attempting to unsettle its dominance“ (206). Anstatt eine alternative lineare Gegenerzählungen zu konstruieren, plädiert die Autorin abschließend für ein selbstreflexives Fach, das die Machtkonstellationen im akademischen Betrieb berücksichtigt. Diesem Anspruch genügend, fehlt der Studie eine klare Fragestellung und Zielsetzung. Sie kann deswegen als verständliches Beispiel und mögliche Einführung in die postkoloniale Forschung betrachtet werden.
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Rubrizierung: 4.12.634.22 Empfohlene Zitierweise: Sven-Jacob Sieg, Rezension zu: Zeynep Gulsah Capan: Decentering IR: Excavating Stories of International Relations Erfurt: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39701-decentering-ir-excavating-stories-of-international-relations_48313, veröffentlicht am 19.05.2016. Buch-Nr.: 48313 Rezension drucken