Das Umsetzungspotenzial deliberativer Demokratiekonzepte im Internet
Politikwiss. Diss. Duisburg‑Essen; Begutachtung: K.‑R. Korte, P. Mambrey – Angesichts der Entwicklung des Internets wurde viel Hoffnung auf die Demokratisierung von Gesellschaften gesetzt. Auch David Goertz vermutet, dass diese wesentliche Neuerung von Kommunikationsarten und ‑techniken für demokratische Prozesse relevant ist. Er untersucht daher, wie sich der digitale Austausch auf die Umsetzungschancen von deliberativen Demokratiekonzepten auswirkt. Ihm geht es darum zu erkunden, ob „Interaktivität und Partizipation“ als Grundlagen dieser Konzepte in der „Netzöffentlichkeit“ (9) realisierbar sind. Zu den Hauptzielen deliberativer Demokratiekonzepte gehört nach Goertz die „Legitimation des ablaufenden Entscheidungsprozesses und eine möglichst hohe Rationalität der Entscheidungen“ (71). Kritisch diskutiert der Autor in diesem Zusammenhang einzukalkulierende Folgeprobleme, die durch den Einsatz computervermittelter Kommunikation für eine konstruktive politische Diskussion abträglich sein könnten. „Die Chance der reflektierten Bezugnahme aufeinander“ (131) sinke im Social Web tendenziell, wenn sich die Teilnehmeranzahl erhöhe. Hier könne eine technisch unterstützte Moderation helfen, Mindeststandards der Diskussionskultur durchsetzen. Hinzu komme als Hindernis die „digitale Spaltung“ (247) der Gesellschaft: Viele, aber längst nicht alle Menschen hätten Zugang zum Internet. So nutzten ältere Personen das Internet durchschnittlich seltener, weniger und zurückhaltender als jüngere. Der Autor sieht jedoch gerade in der zunehmenden Verbreitung der Internetnutzung die Chance, dass auch für ältere Menschen „politische Partizipation erleichtert und der Grad politischer Informiertheit erhöht werden“ (249). In seinem Resümee betont er, dass die neuen Techniken und deliberativen Prozeduren „nicht als Ersatz für bestehende Entscheidungsfindungsverfahren, sondern als Ergänzung“ (285) gesehen werden sollten. Die verstärkte „Nutzung des Internets für die politische Partizipation“ (286) biete ebenso Chancen wie Risiken. Allgemeine Euphorie sei daher ebenso wenig angebracht wie pauschale Ablehnung.