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Jost Hermand

Der alte Traum vom neuen Reich. Völkische Utopien und Nationalsozialismus

Weinheim: Beltz Athenäum 1995 (Edition Zeitgeschichte); 387 S.; 2. Aufl.; geb., 29,80 DM; ISBN 3-89547-709-5
Hermand stellt die Ursprünge und Entwicklung der in den Nationalsozialismus einmündenden "völkischen Utopien" dar. Ende des 18. Jahrhunderts, Anfang des 19. Jahrhunderts Ausdruck einer nationalen Empfindung, die ihre Wurzeln in dem von Tacitus beschriebenen Germanentum besaß, wurden die "völkischen" Ideale am Ende des 19. Jahrhunderts in imperialistische, vor allem rassistische Utopien von einem "Dritten Reich" pervertiert. Im Dritten Reich, das dem für die völkischen Utopisten enttäuschenden Zweiten Reich der Hohenzollern folgen sollte, wurde ein "Führer" erwartet, der die Befreiung Deutschlands von der westlichen, dekadenten Zivilisation betreiben und Deutschland zu seinem angestammten Platz in der Welt führen würde. In seiner flüssig zu lesenden Darstellung stützt sich Hermand überwiegend auf die völkisch orientierte Romanliteratur. Es zeigt sich, daß die völkischen Ideen von der Beseitigung des Versailler "Schandfriedens", der Bildung eines Großdeutschen Reiches einschließlich umfassender Kolonien in Afrika und Südamerika und eines ausgeprägten Antisemitismus keineswegs im Nationalsozialismus entwickelt wurden, sondern im Gegenteil Adolf Hitler diese völkischen Utopien verschiedener Autoren als einen Argumentationssteinbruch für seine politische Ideologie benutzte. Hitler gelang es nicht nur, die arischen, sozialdarwinistischen, alldeutschen und deutschnationalen Vorstellungen von einem "Dritten Reich" und dem "Führer" aufzugreifen: Er bot als einziger eine machtpolitisch orientierte Vorstellung des Staates, den sich die völkisch gesinnten Kreise für die Verwirklichung ihrer Ideale erträumten. Hermand eröffnet nicht so sehr neue Aspekte der Forschungen zum Nationalsozialismus als vielmehr eine interessanten chronologischen Überblick über die ideengeschichtliche Basis, die dem Aufstieg Hitlers und seiner Herrschaft zugrunde liegt.
Axel Gablik (AG)
Dr., Historiker.
Rubrizierung: 2.312 | 2.311 | 2.31 Empfohlene Zitierweise: Axel Gablik, Rezension zu: Jost Hermand: Der alte Traum vom neuen Reich. Weinheim: 1995, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/402-der-alte-traum-vom-neuen-reich_152, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 152 Rezension drucken