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Klaus Dreher

Helmut Kohl. Leben mit Macht

Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1998; 671 S.; geb., 58,- DM; ISBN 3-421-05122-4
Die letzten Monate haben eine ganze Reihe von Büchern über Kohl gesehen. Drehers Buch ist hiervon die umfangreichste Biographie. Dies mag daran liegen, daß er Kohl seit über dreißig Jahren kennt bzw. journalistisch begleitet hat. Dieser Umstand schlägt sich denn auch in der Struktur des Buches nieder, die sich eben nicht aufgrund des veröffentlichten Materials hauptsächlich auf die Jahre 1989/90 konzentriert. Dreher stützt sich auf eigenes Miterleben bzw. seine vielfältigen Reportagen, die bislang erschienenen Memoiren beteiligter Zeitzeugen und nicht zuletzt auf eine Fülle von Interviews. Geht man die Fußnotenverweise auf persönliche Gespräche Drehers durch, so erscheint eine beeindruckende Liste von Biedenkopf über Schäuble bis von Weizsäcker. Vieles erfuhr Dreher jedoch aus der "zweiten Reihe", also von Mitarbeitern Kohls und hier vor allem von Kohls erstem Pressesprecher, Hanns Schreiner. Mit Kohl selbst konnte er hingegen keinen Interviewtermin bekommen. Dreher verfolgt mit seinem Buch die Absicht, auch durch die eingängige Schilderung der weniger bekannten Abschnitte der politischen Karriere Kohls "das Kanzlerbild zu vervollständigen" (9). Gerade die Jahre vor 1982 bereiten danach vieles vor, das die spätere Kanzlerschaft prägen wird, auf die Kohl unnachgiebig hingearbeitet habe: "Bei der Schilderung von Karrieren werden jene, die sich dieser Arbeit widmen, leicht versucht, in einigen Punkten mehr Systematik und Ordnung zu vermuten, als es gerechtfertigt ist. Bei Kohl fällt es schwer, dieser Neigung zu widerstehen, da einige seiner Handlungen so durchdacht wirken, daß der reine Zufall ausgeschlossen erscheint." (56) Drehers Erzählweise bietet jedoch die typische Sichtweise eines Journalisten auf den Politikbetrieb, der sich stark personalisiert darstellt und aus offiziellen bzw. halboffiziellen Verlautbarungen, Pressekonferenzen, bewußten Indiskretionen und "Interviewkrieg" (623) besteht. Die durchaus kritische Haltung des langjährigen Bonner Korrespondenten bringt Dreher nicht davon ab, Kohl zum Ende seiner Biographie neben seinen außenpolitischen Erfolgen zu bescheinigen: "Einer der Gründe für den Respekt, den er sich ertrotzte, lautete, daß er maßvoller mit der Macht umzugehen verstand als andere, die weniger mächtig waren als er." (627)
Manuel Fröhlich (MF)
Prof. Dr., Juniorprofessur für Politikwissenschaft, Universität Jena (www.manuel-froehlich.de).
Rubrizierung: 2.3 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Manuel Fröhlich, Rezension zu: Klaus Dreher: Helmut Kohl. Stuttgart: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/5689-helmut-kohl_7405, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 7405 Rezension drucken