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Hella Pick

Simon Wiesenthal. Eine Biographie. Deutsch von Susanne Klockmann

Reinbek: Rowohlt Taschenbuch Verlag 1998; 505 S.; 24,90 DM; ISBN 3-499-60706-9
Wiesenthal, 1908 in dem jüdischen "Schtetl" in Galizien geboren und einziger Holocaust-Überlebender seiner Familie, widmete sein gesamtes Leben nach der Befreiung aus dem Konzentrationslager Mauthausen am 5. Mai 1945 der Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen: "Wiesenthal und die Jagd auf Nazis sind Synonyme geworden." (16) Die britische Journalistin Pick, selbst als Kind zur Emigration aus Österreich gezwungen, läßt ihre Biographie in der Gegenwart beginnen: Die Beschreibung der ersten Reise Wiesenthals nach Polen im Jahre 1994 – fünfzig Jahre nachdem er dort als Häftling in einem Konzentrationslager eingesessen hatte –, dient ihr dazu, den Menschen Wiesenthal und seine Überzeugungen vorzustellen. Die Folgekapitel widmen sich dem Hintergrund des Porträtierten und seinem frühen Leben bis zur Befreiung aus dem Konzentrationslager. Nach dem Krieg ging Wiesenthal weder in sein Heimatland Polen zurück noch knüpfte er an sein Vorkriegsleben als Architekt an. Vielmehr machte er Österreich zu seinem neuen Zuhause und das Aufspüren von Nazi-Verbrechern zu seinem neuen Beruf. Anhand ausgewählter Fallbeispiele – besonders ausführlich: Eichmann, sodann Franz Stangl, Franz Murer, Josef Mengele und Hermine Braunsteiner-Ryan – illustriert Pick die Methoden, mit denen Wiesenthal bei seiner Suche nach den Tätern arbeitete und zeigt die Schwierigkeiten auf, mit denen er dabei konfrontiert wurde. Das Wirken Wiesenthals und seine Person waren und sind keineswegs unumstritten. Viel Raum widmet Pick dementsprechend Wiesenthals Konflikten mit Bruno Kreisky sowie dem "World Jewish Congress" und seinem Umgang mit der "Waldheim-Affäre". Pick konnte für ihr ebenso einfühlsames wie auch kritisch-distanziertes Porträt auf zahlreiche Gespräche mit Wiesenthal und anderen Interviewpartnern zurückgreifen. Ihr Hauptaugenmerk gilt der öffentlichen Person Wiesenthal, nur in zwei kurzen Kapiteln, die die Beziehungen zu seiner Frau Cyla und zu seiner Tochter Paulinka beschreiben, wird auch die Privatperson Wiesenthal gestreift.
Julia Schmidt-Häuer (JSH)
Dr., Referentin im wissenschaftlichen Dienst der SPD-Bürgerschaftsfraktion in Bremen.
Rubrizierung: 2.3 | 2.312 | 2.4 Empfohlene Zitierweise: Julia Schmidt-Häuer, Rezension zu: Hella Pick: Simon Wiesenthal. Reinbek: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/6780-simon-wiesenthal_9120, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 9120 Rezension drucken