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Jacques Rancière

Die Wörter des Dissenses. Interviews 2000-2002. Aus dem Französischen von Richard Steurer. Hrsg. von Peter Engelmann

Wien: Passagen Verlag 2012; 191 S.; brosch., 24,90 €; ISBN 978-3-7092-0055-1
Der zweite der insgesamt vier Interviewbände mit Rancière versammelt Gespräche aus den Jahren 2000 bis 2002, in denen aus unterschiedlichen Perspektiven auf die großen Themen in dessen Werk geblickt wird. Dreh‑ und Angelpunkt ist die zentrale Auseinandersetzung mit seiner politischen Theorie und seinem streitbaren Politikbegriff. Dessen eigentliche Logik – die Störung der Aufteilung des Sinnlichen, der polizeilichen Ordnung – tritt immer wieder als der für den Band namensgebende Dissens auf, insofern als dass „Subjekte […] Politik [machen], indem sie überschüssige Gegenstände in die gesättigte Ordnung der Polizei einbringen“ (60). Von dort aus lassen sich die unterschiedlichen Analogien und Verbindungen denken, wie beispielsweise zur Literatur und Rancières Begriff der Literalität, denn „der Mensch ist ein politisches Tier, weil er ein literarisches Tier ist“ (44). Er kann also durch den Überschuss an Wörtern die polizeiliche Aufteilung des Sinnlichen ins Wanken bringen und somit als politisches Subjekt eine Neuordnung anstrengen. Ähnlich rückt auch Rancières zweite Domäne, die Ästhetik, in den Blick und zwar als ein „Denkregime, das spezifisch für die Kunst ist“ (141), von dem aus sich aber ein Moment der Politik denken lässt, eben in der Auseinandersetzung darüber, was überhaupt wahrnehmbar ist. Innerhalb dieser Themenkomplexe werden in den Gesprächen zahlreiche Fragen verhandelt, nach den Implikationen für realpolitische Phänomene wie Rassismus oder einer post‑politischen Orientierung der Parteien zur Mitte, nach Rancières Verständnis von Historizität, seiner Nähe oder Abgrenzung zu zeitgenössischen Konzepten wie Castoriadis’ imaginärer Gesellschaft, Foucaults Biopolitik, Deleuzes Vitalismus und seinen Arbeiten zur Kunst oder zu Godards Filmen. Dabei wird auch greifbar, welchen Anspruch Rancière verfolgt, wie seine Theorie selbst zu einer politischen Intervention wird: Sein „Denken findet dort statt, wo man sich erlaubt, zu denken, was ‚seine‘ Zeit einem nicht zu denken erlaubt“ (56).
Alexander Struwe (AST)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Rubrizierung: 5.42 Empfohlene Zitierweise: Alexander Struwe, Rezension zu: Jacques Rancière: Die Wörter des Dissenses. Wien: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9212-die-woerter-des-dissenses_43162, veröffentlicht am 17.01.2013. Buch-Nr.: 43162 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken