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John Gray

Die falsche Verheißung. Der globale Kapitalismus und seine Folgen. Aus dem Englischen von Klaus Binder und Bernd Leineweber

Berlin: Alexander Fest Verlag 1999; 334 S.; geb., 39,80 DM; ISBN 3-8286-0086-7
"Der freie Weltmarkt ist kein ehernes Gesetz historischer Entwicklung, sondern ein politisches Projekt. Dessen enorme Mängel haben viel unnötiges Leid verursacht." (286) In diesem Grundverständnis hat der bekannte Ideengeschichtler an der London School of Economics und einstige Thatcher-Berater sein erstmals 1998 erschienenes Buch verfaßt - also vor der asiatischen Krise, durch die er sich im Nachwort bestätigt fühlt. Der ungehemmte Wirtschaftsliberalismus ist für Gray nicht die natürliche Norm, sondern eine künstlich und politisch geschaffene Ausnahme, während umgekehrt Marktregulierungen im Sinne des Gemeinwohls das Normale seien. Nur dies vertrage sich auch mit der Demokratie, die umgekehrt von einem Laissez-faire-Liberalismus destabilisiert werde. Überhaupt sei der ungehemmte Wirtschaftsliberalismus im wesentlichen ein amerikanisches Projekt, verbunden mit dem Glauben an die inhärente Überlegenheit westlicher Kultur. Dementsprechend sieht Gray hier auch den Schlüssel für eine Umkehr: "Voraussetzung für alle Reformansätze ist ein grundsätzlicher Wandel der amerikanischen Politik. Zur Zeit pochen die Vereinigten Staaten in absolutistischer Manier auf ihre nationale Souveränität und erheben zugleich den Anspruch auf eine allgemeine Gültigkeit ihrer Werte. Dies paßt überhaupt nicht in die pluralistische Welt, die durch die Globalisierung entstanden ist. Die Politik der Amerikaner kann eigentlich nur dazu führen, daß andere Mächte unilateral handeln, wenn die Instabilität der Weltmärkte zu groß wird. Genau dann aber wird das unsolide Gebäude des weltweiten Laissez-faire zu bröckeln beginnen." (316) Inhalt: 1. Von der Großen Transformation zum freien Weltmarkt; 2. Experimente mit den freien Märkten; 3. Was Globalisierung nicht ist; 4. Wie der freie Weltmarkt die schlimmsten Formen des Kapitalismus begünstigt: ein neues Greshamsches Gesetz?; 5. Die Vereinigten Staaten und die Utopie des Weltkapitalismus; 6. Anarchokapitalismus im postkommunistischen Rußland; 7. Zwielicht im Westen und der Aufstieg des Kapitalismus in Asien; 8. Das Ende des Laissez-faire.
Michael Dreyer (MD)
Prof. Dr., Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 4.43 | 2.61 | 2.64 | 2.68 Empfohlene Zitierweise: Michael Dreyer, Rezension zu: John Gray: Die falsche Verheißung. Berlin: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9999-die-falsche-verheissung_11825, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 11825 Rezension drucken