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Realistisch in den Osten blicken. Belarus nach der Ukraine-Krise und die Neuausrichtung der westlichen Politik

12.06.2017
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Dr. Robert Helbig

Einführung

Der seit 1994 regierende Präsident von Belarus Aljaksandr Lukaschenka hat die Grundprinzipien der Außenpolitik seines Landes im Jahr 2008 wie folgt beschrieben:

„Die Außenpolitik von Belarus basiert auf drei Grundprinzipien: politische Souveränität, wirtschaftliche Offenheit und gleiche partnerschaftliche Beziehungen zu anderen Ländern. Die ‚Goldene Regel' unserer Außenpolitik bleibt Multivektorialität [...]. Wir sind sehr daran interessiert, mit dem Westen zusammenzuarbeiten, vor allem mit der EU [...].“

Lukaschenka hat diese Strategie bisher nicht ernsthaft verfolgt. Zwar hat sich seine Regierung zeitweilig dem Westen zugewandt, um Druck auf Moskau auszuüben, aber Belarus bleibt strukturell von Russland abhängig. Lukaschenka unterhält engere Beziehungen zu Moskau als zu Brüssel. Obwohl die Ukraine-Krise die strategische Situation von Belarus nicht grundlegend geändert hat, haben die Ereignisse Lukaschenka die Möglichkeit geboten, seine Macht intern zu festigen und extern etwas mehr Spielraum zu gewinnen. Die gegenwärtige Wirtschaftskrise, die mindestens teilweise auf die Sanktionen des Westens gegenüber Russland zurückzuführen ist, hat dabei bewirkt, dass in Minsk die Motivation zur Diversifizierung der belarussischen Außenbeziehungen gestiegen ist.

Auf diese Entwicklung könnte der Westen – Europa und die USA – mit einer Öffnung gegenüber Belarus reagieren und dabei Lukaschenka als Partner und Belarus als ein unabhängiges Land behandeln, ohne dessen enge Partnerschaft mit Russland infrage zu stellen. Das belarussische Streben nach größerer Unabhängigkeit und die Versuche, sich wirtschaftlich und politisch zu diversifizieren, könnten Europa und die USA durch eine engere Zusammenarbeit mit dem land in between unterstützen. Wie weit kann der Westen dabei gehen? Und wo sollten die Schwerpunkte liegen?

Diese Fragen werden in drei Schritten beantwortet: Im ersten Abschnitt wird zunächst die außenpolitische Strategie von Belarus dahingehend analysiert, ob und inwieweit Lukaschenkas Engagement mit Blick auf den Westen ein Streben nach Unabhängigkeit oder nur ein taktisches Manöver gegenüber dem Kreml darstellt. Während sich der zweite Teil auf die Konsequenzen der Ukraine-Krise für Belarus und Lukaschenkas Politik konzentriert, werden anschließend die Chancen für Europa und die USA für den Fall aufgezeigt, dass sie ihre Politik gegenüber Minsk neu aufstellen wollen.
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2 2017 Sirius CoverDer vollständige Beitrag ist erschienen in SIRIUS – Zeitschrift für Strategische Analysen, Heft 2, Juni 2017: https://www.degruyter.com/view/j/sirius.2017.1.issue-2/sirius-2017-0032/sirius-2017-0032.xml?rskey=NpdXwF&result=1

 

 

 

 

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Aus den Denkfabriken

Dzmitry Halubnichy
Bewegt sich da was? Kann Weißrussland den Ruf der „letzten Diktatur in Europa“ loswerden?
IPG, 28. Juli 2017
http://www.ipg-journal.de/regionen/europa/artikel/detail/bewegt-sich-da-was-2195/

Die Sommersitzung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE Anfang Juli in Minsk sei möglicherweise eines der strategisch wichtigsten Ereignisse in der Geschichte des unabhängigen Weißrussland gewesen, schreibt Halubnichy. Das Land habe eine Reihe von diplomatischen Initiativen ergriffen und arbeite an seiner Rolle als Vermittler in der Region.

 

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