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„Illegitim, aber nicht illegal“. Der Umbau der ungarischen Demokratie im Spiegel der Literatur

 Donauufer in Budapest: Erinnerung an den Holocaust. Foto: Nikodem Nijaki (Wikimedia Commons)

Die Entwicklungen in Ungarn seit 2010 werden in der Literatur sehr kritisch begleitet: Der Umbau des Mediensystems, verbunden mit einer Einschränkung der Meinungsfreiheit, und die rechtspopulistische Propagierung des Nationalismus haben aus dem Land, das in Ostmitteleuropa lange Vorreiterin der Demokratie war, ein Sorgenkind der EU gemacht. Ungarn sei es nicht gelungen, so die Diagnose von Paul Lendvai, den tiefen Bruch zwischen Patriotismus und Liberalismus zu schließen, durch den es seit hundert Jahren gekennzeichnet sei.

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Das Ungarn-Bild der deutschen Medien. Entwicklungslinien nach 1990 und thematische Schwerpunkte von 2010 bis 2016

Kettenbruecke in Budapest. Foto: schaerfsystem / pixabay

In seiner ausführlichen Analyse der Berichterstattung deutscher Leitmedien zeigt Zsolt K. Lengyel, geschäftsführender Direktor des „Hungaricum – Ungarisches Institut“ an der Universität Regensburg, dass das Ungarn-Bild der Deutschen Schlagseite erlitten habe. Seiner Ansicht nach zeugen viele (Ab-)Wertungen von mangelnder Landeskenntnis und spiegeln überdies den Versuch, die Schlussfolgerungen aus der deutschen Vergangenheitsbewältigung für die politische Kultur auf andere Länder zu übertragen. Die Frage, ob Viktor Orbán tatsächlich ein europafeindlicher Rechtspopulist ist, kann dieser Analyse zufolge so aber nicht beantwortet werden.

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Ellen Bos / Astrid Lorenz (Hrsg.): Das politische System Ungarns. Nationale Demokratieentwicklung, Orbán und die EU

Ellen Bos / Astrid Lorenz (Hrsg.)
Wiesbaden, Springer VS 2021

Ellen Bos und Astrid Lorenz legen eine deutschsprachige Überblicksdarstellung zum politischen System Ungarns vor, die aktuelle Entwicklungen mit einbeziehe. Damit schließen sie eine Lücke, wie Rezensent Sven Leunig schreibt. Er ordnet die zentralen Aussagen der Aufsätze mit Blick auf die Entwicklung zum „illiberalen Staat“ Viktor Orbáns ein. Letztere habe bereits vor 2010 eingesetzt. So sei die Polarisierung des ungarischen Parteiensystems nicht allein eine Folge der Herrschaft Orbáns, sondern habe historische Wurzeln. Insgesamt sei den Herausgeberinnen ein gut fundierter Überblick über das politische System Ungarns gelungen, „dessen Lektüre nur zu empfehlen ist“, so Leunig. 

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Reinhold Vetter: Nationalismus im Osten Europas. Was Kaczynski und Orbán mit Le Pen und Wilders verbindet

Reinhold Vetter

Nationalismus im Osten Europas. Was Kaczynski und Orbán mit Le Pen und Wilders verbindet

Berlin, Ch. Links Verlag 2017 (Politik/Zeitgeschichte)

In Europa zeigt sich ein Nationalismus, der aus ideologischen Versatzstücken zusammengesetzt ist, dazu zählen Glorifizierungen von nationaler Homogenität, Traditionswerten und partikularen Leitkulturen einerseits und andererseits die Abwehr alles Fremden, sei es in Gestalt von Flüchtlingen, sei es in Gestalt eines kulturellen oder religiösen Pluralismus. Der Publizist Reinhold Vetter fragt nach den Gründen dieser nationalistischen Strömungen insbesondere in den ost- und mitteleuropäischen Staaten, ins Zentrum seiner Analyse stellt er die nationalkonservativen, populistischen und rechtsradikalen Parteien, die regieren und damit über politische Gestaltungsmacht verfügen.

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Werner J. Patzelt: Ungarn verstehen. Geschichte – Staat - Politik

Ungarn verstehen. Geschichte – Staat - Politik

München, Langen Müller Verlag GmbH 2023

Werner J. Patzelt möchte unser Bild Ungarns korrigieren. Inhaltlich berichtet sein Buch über die Historie des Magyarenstaates, über Polarisierung und wägt Argumente sowie Kritik an einer den „wahren Volkswillen“ interpretierenden Politik durch den national-konservativen FIDESZ ab. Als Forschungsdirektor des der ungarischen Regierung nahestehenden Mathias Corvinus Collegiums (MCC) in Brüssel zeichne er dabei „ein vergleichsweise positives Bild“ des politischen Systems unter Viktor Orbán, so unser Rezensent Sven Leunig. Im Resultat sieht Leunig einen Blickwinkel auf die Politik und Kultur Ungarns, der aber nicht auf wissenschaftlichen Standards beruhe.

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